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Zitat Original geschrieben von derralf
Nur an einer Stelle möchte ich widersprechen:
Ich fühle mich nicht als Teil einer Täterorganisation für die ich "nützlicher Idiot" bin. Ich sehe die Pfadfinder- und die Jugendbewegung als Bewegungen die von Tätern frequentiert werden. Ja. Aber ich sehe sie nicht als Täterorganisationen.
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Aus meiner Sicht gibt es zwei Arten von "nützlichen Idioten" in diesem Zusammenhang.
Die erste Art sind die Leute in der entsprechenden Gruppe, die weder Täter noch Opfer sind. Die ,meisten von ihnen sind halt von diesem "charismatischen Wirbelpunkt" verzaubert und wollen um jeden Preis das von ihnen lieb gewonnene Umfeld und die Idee schützen. Das hat zum Beispiel bei uns die Formen angenommen, dass man das ganze doch gefälligst intern klären soll, dass es die Polizei nichts angeht und dergleichen. Uns wurde unterstellt, dass es bloß eine Hetzkampagne aus Neid gegenüber dem Gruppenführer sei und dass es unsere Pflicht gewesen wäre die anderen aus der Gruppe darüber zu informieren. Letzten Endes wurden wir von Leuten, die erst wesentlich später zum Bund dazukamen, aus unserem Bund geschmissen, den 3 von 4 von uns mitgegründet hatten. Na ja....
Viele dieser Leute haben bis zum Prozess und auch auf jeden Fall eine gute Zeit danach dem Gruppenführer die Stange gehalten, haben ihn nach außen hin verteidigt und nichts von alldem wahrhaben wollen bzw. es nicht als schlimm angesehen. Ein besonders schönes Beispiel war, als jemand, den ich lange Zeit als meinen Freund ansah, vor Gericht den legendären Satz ausgesagt hat: "Ordensführer, das klingt nur nach Führer ist aber gar keiner." Auch so wären diese "Idioten" dem Gruppenführer sehr nützlich gewesen.
Die andere Art von "nützlichen Idioten" sind in meinen Augen wirklich fast wir alle. Es wird denke ich keiner bestreiten, dass der bündischen Jugend ein romantisches Thema zugrunde liegt, von dem jeder betroffen ist, selbst wenn er nicht explizit mit Geschichten und Liedern gefüttert wurde, sondern allein durch die Erfahrungen innerhalb einer lebendigen Gemeinschaft. Diese Erfahrungen verändern unsere innere Ansicht zu Dingen, ein ganz normaler Vorgang. Das betrifft jeden, egal ob es in seiner Gruppe Missbrauch gibt oder ob er jemals mit einem Täter oder Opfer mal Kontakt hatte.
Das Problem besteht jetzt darin, was passiert, wenn wir auf einen Täter treffen, vorallem wenn wir nichts genaues wissen, höchstens ein Gefühl haben, das irgendetwas nicht stimmt. Dann wird unsere ideologische Prägung daran hindern Schritte zu unternehmen, die wir in einem anderen Kontext für notwendig erachten (wir können durchaus trotzdem die nötigen Schritte unternehmen, unsere Prägung wird aber meisten halt zuerst wie ein Hindernis vor uns erscheinen, welches es zuerst zu durchstoßen gilt. Mich hat zum Beispiel die Prägung jahrelang abgehalten). Ein Beispiel wurde mir von meinem Anwalt erzählt. Eine Gruppe bat ihn um Rat, da sie nicht wussten, was sie mit einem ihrer Mitglieder tun sollten, von dem es recht bekannt war, dass er immer wieder ein Auge auf Jungs wirft, immer wieder Grenzen des normalen Verhaltens überschritten, gegen den aber keine Verurteilung vorliegt. Mein Anwalt hat sie nur angeschaut und gefragt, was sie denn machen würden, wenn sie soetwas in ihrer Nachbarschaft beobachten würden.
Diese Menschen wussten sehr wohl, dass dasVerhalten des Mitglieds nicht in Ordnung war, ansonsten hätten sie sich darüber keine Gedanken gemacht und nicht gefragt. Doch ihre Werte von Gruppenleben und Offenheit gegenüber anderen sexuellen Ausrichtungen haben sich wie ein Tuch um den Klöppel ihrer Alarmglocken gelegt und damit diese leiser gemacht. Da wir diese Werte und unsere Bewegung so hochschätzen, kann so ein Verhalten fast allen Bündischen passieren, zumal wir, wie immer bei Missbrauch, die Idee von uns weisen wollen, dass soetwas bei uns passieren kann.
Doch genau das ist das Problem !!!! Denn diese Werte gehören zum Kern der bündischen Jugend, weswegen diese Reaktionen immer auch möglich sein werden, die dem Täter nutzen. Ich stimme dir zu, dass die Jugendbewegung auch aus meiner Sicht nicht als Täterorganisation gegründet wurde, doch sie hat fast schon automatisch die Pädophilen als Folge. Es ist wie, wenn man etwas kochen will. Es wird automatisch Wasserdampf produziert. Das müssen wir uns erst einmal eingestehen ! Der nächste Schritt ist die Frage, wie wir damit umgehen. Wenn wir die Bildung von Wasserdampf nicht verhindern können, nehmen wir ihn dann einfach hin und lassen uns von dem Dreckszeug die ganze Küche vernebeln? NEIN. Wir machen das Fenster auf und schicken ihn raus !
Aus meiner Sicht muss in der bündischen Jugend sich noch viel mehr eingestanden werden, dass wir immer wieder das Problem der Pädophilen an uns dranhängen haben werden und es wohl auch nie ganz loswerden. Diese Erkenntnis ist bestimmt bei allen Diskussionslesern hier angekommen, doch wie viele aus dem PT lesen denn diese Diskussion? Und wie viele Prozent der bündischen Jugend lesen überhaupt den PT?
Deswegen müssen wir noch viel mehr versuchen die Diskussion aus den Foren herauszutragen. Und es wird aus meiner Sicht auch nicht mehr reichen, wenn wir nur schauen, dass vor unserer eigenen Haustür der Gehweg schön geputzt ist, sondern wir müssen versuchen zusammen die komplette Straße von den Päderasten leerzufegen. Es ist für die Täter so einfach nach einem Ortswechsel eine neue Gruppe zu gründen und solange die Leute sich innerhalb der Gruppe nicht informieren oder nachforschen (etwas, was wir nicht von ihnen verlangen können, ansonsten könnten wir ja auch sagen, jede Gruppe soll sich gefälligst aus eigenem Antrieb darüber informieren), werden sie mit dem Thema nicht konfrontiert sein, solange man es nicht an sie heranführt.
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