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Volksbegriff und völkisches Denken |
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Moderator 1559 Beiträge
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Sidonid schrieb im Beräunerfaden:
der entscheidende Trick ist bei der Neuen Rechten vor allem, den Nationalsozialismus als solchen zurückzuweisen und damit automatisch über Nazi-Vorwürfe erhaben zu sein. "Andere" Menschen sollen nicht ausgemerzt werden, sie sollen aber ebenso wenig "das Eigene" beeinflussen und verändern. Mit der Behauptung aber, es gäbe so etwas wie das "Deutsche Volk", werden automatisch viele Menschen ausgegrenzt. Denn das "Deutsche Volk" meint etwas anderes, als "die Gesamtheit, der in Deutschland lebenden Menschen". Denn wenn "Volk" einfach nur die Menschen innerhalb eines bestimmten Staates meinen würde, hätten Völkische keinen Grund, einen Verlust der eigenen kuiturellen Werte zu befürchten und den Wert des Eigenen zu betonen. Wenn beispielsweise 70% der in Deutschland lebenden Menschen Muslime wären, dann sind muslimische Einflüsse dadurch ein wichtiger Teil der eigenen Kultur eines Staates. Und je nachdem, wie die Bevölkerung sich zusammensetzt, verändern sich automatisch über die Jahre die Einflüsse, die das Eigene der Bevölkerung ausmachen. Man könnte dann gar nicht das Eigene bewahren, weil es durchgehend im Wandel ist. Mit dem Bezug auf das "eigene Volk" wird nun aber suggeriert, es gäbe eine feste Gruppe, die durch strengere Kritierien definiert ist, als nur den Ort, wo sie leben und sich zu Hause fühlen. Damit wird einer enormen Masse an Menschen zu verstehen gegeben, dass egal wie lange sie in Deutschland leben, egal wie sehr sie sich hier zu Hause fühlen, sie doch niemals vollwertiger Teil des Volkes sein können, das für sich beansprucht, die deutsche Identität zu verkörpern. Kurzum: Eine Gruppe, die Konzepte wie "Volk", "Europa der Vaterländer" und ähnliches vertritt und hochhält, grenzt damit andere Menschen aus und lässt sie zu ewigen Besuchern in Deutschland werden, die sich hier vielleicht gerade noch aufhalten dürfen, die aber nicht als vollwertiger Teil der Bevölkerung angesehen werden. Der Freibund hat es vermieden zu definieren, wer denn nun eigentlich Mitglied dieses "eigenen Volkes" ist, zu dem sich die Freibünder offenbar selber zählen. Klarerweise dürften zumindest alle Menschen ohne deutschen Pass unter diese ausgrenzende Formel fallen, denn diese werden ja nicht einmal als deutsche Staatszugehörige anerkannt, geschweige denn als deutsche Volkszugehörige. Diese ausgrenzenden Konzepte vertritt der Freibund klar und deutlich, sie werden beispielsweise explizit und mehrfach erwähnt auf der eigenen Bundeshomepage, in dessen Selbstverständnis und anderen vom Freibund verfassten Texten. Jede Person, die Mitglied des Freibundes ist, stimmt durch ihre Mitgliedschaft diesen Konzepten zu und grenzt damit andere aus und degradiert sie. Bereits aus diesem Grund ist der Freibund nicht tragbar. Die Teilnahme an antidemokratischen Veranstaltungen, Kontakte zur neonazistischen Szene und einzelne Mitglieder, die sich offen rassistisch und geschichtsrevisionistisch äußern sind nur zusätzliche kritische Punkte, die die Untragbarkeit des Freibund ins Auge stechen lassen. Aber offenbar reicht auch das noch sehr vielen Menschen in der Bündischen Szene nicht aus.
Ich würde dem insoweit widersprechen, als der Freibund vermutlich nicht alle Menschen mit deutschem Pass meint sondern sicherlich auch alle "Statusdeutschen" im Sinne des Artikel 116 GG. Diese Vorschrift liest sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt gruseliger. Rotgrün ist Ende der Neunziger auf halbem Wege stehen geblieben was die Reformierung des Staatsangehörigkeitsrechts angeht.
Noch immer ist die gesetzliche Grundlage das Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913!! Wer dies nicht glauben mag, der versuche doch einmal § 2 dieser Vorschrift zu lesen. Da steht dann "Weggefallen". Ursprünglich behandelte diese Vorschrift die Staatsangehörigkeit der Einwohner der Reichslande Elsaß-Lothringen. Förmlich wurde dieser Paragraph nie aufgehoben, sondern regelmäßig auf seine "Gegenstandslosigkeit" aufgrund des Vertrages von Versailles verwiesen. Die Unterscheidung, wer Deutscher ist und wer nicht ist damit dem Grunde nach noch immer von Gott gegebenes kaiserliches Recht ("Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:").
Das Ganze hat sogar praktische Konsequenzen. Denn für Nichtdeutsche stellen die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit aber auch die Berufsfreiheit keine unverbrüchlichen Grundrechte dar. Hier werden in den entsprechenden Artikeln explizit die "Deutschen" als Grundrechtsträger genannt. Aufgrund der allgemeinen Handlungsfreiheit für jedermann sind dann zwar doch alle wieder mehr oder weniger gleichberechtigt, aber formal besteht da ganz klar eine Trennung zwischen Deutschen und Gästen in diesem Land. Auch die Freizügigkeit im Bundesgebiet ist im Übrigen ein Deutschengrundrecht. Das macht die Aufrechterhaltung der Residenzpflicht für geduldete Personen deutlich einfacher.
Nach all dem gibt der Freibund eigentlich tatsächlich nur wieder was immer noch demokratischer Konsens in Deutschland ist. Das ist das wirklich Schlimme daran.
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www.myspace.com/bruncken
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Beitrag vom 22.03.2013 - 08:40 |
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RE: Volksbegriff und völkisches Denken |
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684 Beiträge
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Zitat Original geschrieben von Malte
Ich würde dem insoweit widersprechen, als der Freibund vermutlich nicht alle Menschen mit deutschem Pass meint |
Ich denke das größere Problem ist, wie schon von Sidonid beschrieben, dass deutsche Staatsbürger durch die "Neue Rechte" in zwei Gruppen unterschieden werden; in die unsäglichen Kategorien "Blutsdeutsche" und "Passdeutsche" - letzteres sind nach deutschnationaler Ansicht diejenigen, die zwar eine deutsche Staatsbürgerschaft haben, aber keine "echten" Deutschen sind. Ob es in meist osteuropäischen Ländern Menschen gibt, die nach deutschem Recht Deutsche sind, erscheint mir dabei relativ unerheblich.
Anders als die Frage, wer als Kind von Einwanderer vielleicht einen besonderen Föderungsbedarf hat, um die Sprache zu lernen, zielt die Unterscheidung zwischen "Bluts- und Passdeutschen" darauf ab, ein vermeintlich reinrassiges deutsches Volk zu postulieren - in der neuen Rechte wird das unter dem Stichwort "ethnische Kontinuität" (ab Minute 6.40) gehandelt. Als Konsequenz wird die "Rückkehr" aller angeblichen Fremden in ihre Heimatländer gefordert - das Stichwort dazu wäre "Europa der Vaterländer". Der Islam bildet neben dem Kommunismus das explizite Feindbild in diesem Milieu.
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"Es ist lustvoll, so für sich hin im Stil der Jugendbewegung - ich würde fast sagen - zu latschen.
Und es ist widerwärtig, im Gleichschritt zu marschieren" -- Walter Jens |
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Beitrag vom 22.03.2013 - 10:06 |
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RE: RE: Volksbegriff und völkisches Denken |
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ach, wie ich diese ledrigen windhundüberholer liebe. wenn man sich dann zum vergleich mal ansieht, mit was unsere vorfahren so alles rumgerammelt haben http://www.3sat.de/page/?source=/nano/natwiss/1443...index.h tml und wie sich risiken durch rezessive erberkrankunken in einem zu kleinen genpool ergeben...
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"alle Religionen Seindt gleich und guht wan nuhr die leüte so sie profesiren Erliche leüte seindt, und wen Türken und Heiden kähmen und wolten das Land Pöpliren, so wollen wier sie Mosqueen und Kirchen bauen" |
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Beitrag vom 22.03.2013 - 12:51 |
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Der Glaube an ein "Volkskontinuum" ist ein klassisches Beispiel für eine Ideologie, die sich nicht an der Realität festmachen lässt, sondern einem Wirren Gedankengeschwurbel. Was ich nicht verstehe, ist, warum man sein Selbstbild auf seiner imaginären Herkunft hochzieht. Das macht doch nur in einem größeren Nationalkontext Sinn, wenn es also darum geht, aus einem Nichts und gegen Widerstände von Außen einen Nationalstaat verankern zu wollen, der vorher nicht da war und wo man hält eine verbindende Idee braucht. Oh. Ich merke gerade, dass es genau darum geht. Herrje.
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Beitrag vom 22.03.2013 - 14:19 |
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Zitat Original geschrieben von Almi
Der Glaube an ein "Volkskontinuum" ist ein klassisches Beispiel für eine Ideologie, die sich nicht an der Realität festmachen lässt, sondern einem Wirren Gedankengeschwurbel. ... |
Das, denke ich, ist der Kern des Themas! Danke, Almi! So seh' ich das auch!
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bipi und ali lehrten uns:
"Der Pfadfinder ist Bruder aller Pfadfinder
und Freund aller Menschen" |
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Beitrag vom 23.03.2013 - 13:55 |
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Volk kommt immer noch von Folgen und insbesondere in der Völkerwanderungszeit haben sich kleine Gruppen durchziehenden "Völkern" angeschlossen und gehörten dann zu dem Volk, dass dem jeweiligen Fürsten/König/Chef folgt. Sie haben sich allenfalls einer Leitkultur angeschlossen (um mal den Bogen zu modernen Begrifflichkeiten zu schlagen) aber sicher auch ihren Teil in die Summe der Gesamtkultur eingebracht. Klingt für mich eher nach Multikulti, Einwanderung und Diversität als nach ewig homogenem Herrenrassenblabla. Vielleicht sollte man sich mal auf dieses "du kannst gerne bei uns mitmachen, du musst dich nur an unsere Regeln halten" als "Tradition des deutschen Volkes... der deutschen Stämme... aller die sich irgendwie deutsch nennen" berufen.
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Inkompetenz und Quälerei
trotzdem blieb ich dabei
mit dem Gedanken,
dass man das alles mal zurückzahlen oder besser machen kann.
(assel & lio) |
Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, zuletzt von Sven am 24.03.2013 - 12:43.
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Beitrag vom 24.03.2013 - 12:40 |
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Zitat Original geschrieben von roterwolf
Zitat Original geschrieben von Almi
Der Glaube an ein "Volkskontinuum" ist ein klassisches Beispiel für eine Ideologie, die sich nicht an der Realität festmachen lässt, sondern einem Wirren Gedankengeschwurbel. ... |
Das, denke ich, ist der Kern des Themas! Danke, Almi! So seh' ich das auch! |
Ich kann mich da Eurer Meinung nur anschließen, der Kern des Themas wird nur leider viel zu oft verkannt! Hier hilft nur Reden, Erklären, Reden und Erklären oder wie seht ihr das?
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Beitrag vom 24.03.2013 - 16:48 |
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http://www.youtube.com/watch?v=zNC4u-l_wFc
.... da der obige Link nicht mehr erreichbar ist, hier ein neuer:
http://youtu.be/pwaZTweBNQM
und hier der Text:
http://www.oldielyrics.com/lyrics/pete_seeger/all_...ed_up.h tml
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"Jüngere sind schneller,...... Ältere kennen die Abkürzung..." |
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zuletzt von teppich am 28.01.2014 - 15:43.
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Beitrag vom 25.03.2013 - 05:00 |
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RE: Volksbegriff und völkisches Denken |
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Zitat Original geschrieben von Malte
Ich würde dem insoweit widersprechen, als der Freibund vermutlich nicht alle Menschen mit deutschem Pass meint sondern sicherlich auch alle "Statusdeutschen" im Sinne des Artikel 116 GG. Diese Vorschrift liest sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt gruseliger. Rotgrün ist Ende der Neunziger auf halbem Wege stehen geblieben was die Reformierung des Staatsangehörigkeitsrechts angeht. |
Naja, die Grünen scheinen ja schon ihre Anknüpfungspunkte gefunden zu haben:
*Link wegen fragwürdiger Quelle entfernt*
Im Kern geht es darum, dass die Grünen die deutsche Staatsbürgerschaft abschaffen und durch eine europäische Staatsbürgerschaft ersetzen wollen.
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"Guten Freunden gibt man ein Küsschen." (Judas) |
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zuletzt von Loeffel am 25.03.2013 - 09:05.
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Beitrag vom 25.03.2013 - 07:51 |
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Toll dieser song von Pete Seeger! Vielen herzlichen Dank fürs Hochladen, teppich!
Da braucht man nichts weiter erklären: (Zitat) "no mans race is completly pure...".
Der Text ist so toll!!!
Ich liebe Pete Seeger!!!
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bipi und ali lehrten uns:
"Der Pfadfinder ist Bruder aller Pfadfinder
und Freund aller Menschen" |
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von roterwolf am 25.03.2013 - 11:33.
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Beitrag vom 25.03.2013 - 11:29 |
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Zitat Volk kommt immer noch von Folgen |
Das halte ich eher für Volksetymologie. Wikipedia stellt da keinen Zuammmenhang her.
Gut Pfad, mike
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zuletzt von M. Hammer-Kruse am 25.03.2013 - 12:59.
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Beitrag vom 25.03.2013 - 12:54 |
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Wenn man erstmal die Wirklichkeit über unseren Stammbaum sieht, bekommt der Begriff der "Kontinuität" die gegenteilige Bedeutung von dem, was Kubitscheks Sortierungswahn vorgaukelt. In der Kontinuität von zweitausend Jahren Geschichte stehen nämlich die Wanderungsbewegungen. In diesem Sinne meine ich: Ja zur Kontinuität. Und damit wir Kölschen nicht in ein "Homeland" verfrachtet werden, um das Rheinland mit Normpreussen zu homogenisieren, noch flöck op kölsch jesaat: Mer maache wigger esu - ganz kontinuierlich.
Edit: Link
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von toi am 27.03.2013 - 17:45.
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Beitrag vom 25.03.2013 - 15:12 |
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Zitat Original geschrieben von toi
Wenn man erstmal die Wirklichkeit über unseren Stammbaum sieht, bekommt der Begriff der "Kontinuität" die gegenteilige Bedeutung von dem, was Kubitscheks Sortierungswahn vorgaukelt. In der Kontinuität von zweitausend Jahren Geschichte stehen nämlich die Wanderungsbewegungen. In diesem Sinne meine ich: Ja zur Kontinuität. Und damit wir Kölschen nicht in ein "Homeland" verfrachtet werden, um das Rheinland mit Normpreussen zu homogenisieren, noch flöck op kölsch jesaat: Mer maache wigger esu - ganz kontinuierlich.
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(Zitat Bläck FÖöss "...mir all, mir sin nur Minsche,
vür'm Herrjott simmer glich."
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bipi und ali lehrten uns:
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Beitrag vom 26.03.2013 - 18:50 |
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Tja, wenn "ethnische Kontinuität" zum Zukunftskonzept in Deutschland wird, muss das ganze Ruhrgbiet exterritorialisiert werden. Allein die ganzen Polen, die vor über 100 Jahren einwanderten – meine Tante heißt Koslowski mit Nachnamen... Warum nicht andersherum: Schaffen wir kleine Museumsdörfer wie den Hessenpark, wo die, die möchten, im ethnischen Kontinuum leben können – ganz zur Freude von Amis, Japanern und Chinesen.
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Beitrag vom 26.03.2013 - 22:32 |
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Zitat Original geschrieben von spirou Allein die ganzen Polen, die vor über 100 Jahren einwanderten |
das waren preußen, die da einwanderten. bzw. preußische staatsbürger. wenn der staat sich völkisch definiert hätte, hätte schon seine könige ein legitimationsproblem gehabt.
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"alle Religionen Seindt gleich und guht wan nuhr die leüte so sie profesiren Erliche leüte seindt, und wen Türken und Heiden kähmen und wolten das Land Pöpliren, so wollen wier sie Mosqueen und Kirchen bauen" |
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Beitrag vom 27.03.2013 - 08:39 |
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