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In technischen Berufen gibt es häufig neben den Normen und Vorschriften auch den anerkannten Stand der Technik, der sich oftmals dadurch darstellt, dass eine Gruppe Interessierter (z.B. Ingenieurverband etc.) eine Zusammenstellung vornimmt, die als Regelwerk oder Merkblatt in das alltägliche Geschäft eingeht. Hier sind zum einen die grundlegenden Gesetzestexte und Normen aufgeführt, zum anderen aber auch praktische Lösungsmöglichkeiten und aktuelle Entwicklungen oder Anpassungen niedergelegt.
Die Autoren-Gruppe vom Fach und hat dieren Ohren am Puls der Zeit, so kann solch ein Regelwerk oder Merkblatt rascher angepasst werden, als Normen und Gesetze.
ABER:
Wer so ein Werk zusammenstellt, der übernimmt auch Verantwortung!
Denn Ausführende werden sich, sollte mal irgenwann etwas schiefgehen, auf diese Zusammenstellung berufen!
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-- Ostwestfalen - wo man mit dem lieben Gott zusammen ein Bier trinken gehn kann. Hier komm'wa wech. --
-- Graue Kluft am Leibe, Zelte so schwarz wie die Nacht, Freundschaft die süchtig macht, Abenteuer so bunt -- |
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Beitrag vom 17.10.2012 - 10:32 |
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Zitat Original geschrieben von scoutladen
Müde lächeln reicht nicht. Alle Beteiligten hatten damals ihre Lektion gelernt... und eben solche Erfahrungen könnten wir in einer Art Sicherheitskonzept für Jurtenburgen auch zugänglich machen, damit jeder sehen kann, wo die Grenzen liegen. |
Genau dahin sollte es denke ich gehen. Aus unsere Arbeit mit der Hochschule seinerzeit habe ich gelernt, wie jemand "Themenfremdes" an die Sache heran geht um die Konstruktion zu bewerten und als sicher oder unsicher einzustufen. Eine herangehensweise war dabei beispielsweise sich damit auseinander zu setzen, was denn mit seiner Jurte/Konstruktion passiert, wenn auf Grund von Wind(böhen) 50% der Abspannungen ausfallen. Unter diesen Umständen sollte ein Verlassen des Zeltes immer noch möglich sein.
Das ganze haben wir einst auch mal an einem Modell einer einfachen Jurte simuliert wobei man beeindruckend fest stellt, dass bereits kleine Veränderungen enorm zur Sicherheit beitragen. Versuch eins war eine Jurte wie hier in der Anleitung beschrieben: 12 Abspannleinen mit Mittelmast.
Da Wind bekanntlich aus einer Richtung angreift entfernten wir die hälfte aller Abspannungen und was war die logische Konsequenz, durch Wind und einseitgen Zug der Abspannungen viel der Mast und die ganze Jurte zusammen.
Im zweiten Versuch tauschten wir den Mittelmast durch ein Dreibein und setzten zudem drei Rotationsabspannungen mit ein. Diese halfen nicht nur ein verdrehen der Jurte zu verhindern sondern erhöhten auch die Abspannungen. Danach wurden wieder die Hälfte aller Abspannungen aus der fiktiven Windrichtung gelöst. Auch jetzt sank die Plane auf der gelösten Seite wieder zu Boden. Doch brach das zelt nicht vollständig zusammen! Ein verlassen des Zeltes wäre noch möglich gewesen! Und viel wichtiger es gab keine umfallenden Masten die ein Verletzungsrisiko darstellen hätten können.
Ich denke an diesem einfachen Beispiel wird recht deutlich klar das man mit relativ einfach Mitteln viel zum sicheren Stand seiner Schwarzzelte und damit Vermeidung von Unfällen tun kann.
Und da finde ich Ralphs Intention gut dies auch als Leitfaden oder ähnliches in irgendeinar Art und Weise publik zu machen. Erster Schritt wäre hier die Anleitungen auf Jurtenland zu überarbeiten. Denn so wie ich es mit bekomme, ist diese Seite dank ihrer guten und ausführlichen Aufmachung für viele schon zu einem Standardnachschlagewerk geworden.
Zitat Original geschrieben von Nachtwache
ABER:
Wer so ein Werk zusammenstellt, der übernimmt auch Verantwortung!
Denn Ausführende werden sich, sollte mal irgenwann etwas schiefgehen, auf diese Zusammenstellung berufen! |
Da mag was dran sein, in wie weit wir Pfadfinder so etwas leisten können ist fraglich. Wünschenswert wäre es, denn wer legt sich schon selbst gerne Steine in den Weg. wenn ich beispielsweise an den Bau von Treppen denke, dann braucht der Schreiner weder für eine aufgesattelte noch eine eingestemmte Treppe eine Statik. Hier gibt es gewisse Richtlinien die u.a. überliefert werden und so lange man sich an diese hält gilt die Treppe als statisch sicher. Alle möglichen Sonderkontruktionen oder frei tragenen Bauten müssen wieder abgenommen werden.
Vielleicht träume ich da etwas, aber so etws im bezug auf Jurten zu erreichen wäre natürlich genial, wenn man verschiedene Techniken als "Stand der Technik" und Auf grund ihrer Jahrzehnte langen Tradition als Statisch sicher einstufen könnte. Damit hätte man verdammt viel erreicht und eine gewisse Sicherheit bzw. Rückendeckung.
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Beitrag vom 17.10.2012 - 12:51 |
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Moderator 1538 Beiträge
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Zitat Original geschrieben von Andreas-W.G.
und setzten zudem drei Rotationsabspannungen mit ein. |
Doof nachgefragt:
Was muss ich mir denn unter einer Rotationabspannung vorstellen?
Gruss
Hawkeye
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A Scout smiles and whistles under all circumstances. |
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Beitrag vom 17.10.2012 - 12:57 |
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591 Beiträge
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@andreas: dafür... magst du daran mitschreiben? gerne mach ich dir einen account in dem wiki dafür auf...
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Beitrag vom 17.10.2012 - 13:00 |
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@Hawkeye: Eine Rotationabspannung ist das Pendant zur Einfachabspannung. Hierzu werden an einer Öse/ D-Ring/ Seilschlaufe anstatt einer Abspannleine zwei Stück angebracht und anstatt die Einfachabspannleine in Fortsetzung der, durch das Jurtendach vorgegeben, Flucht zu spannen, sie in einem Winkel von 45° zu dieser und 90° zueinander abgespannt. Eine Abspannungsform, die man auch sehr oft im Eingangsbereich unbewusst wählt, um nicht über die Einfachabspannung zu fallen.
@Ralph und Andreas: Auch uns wurde aus statischen Gründen bei unserer kleinen Jurtenburg (eine um Vierecksplanen und Fensterplanen erhöhte Normaljurte in der Mitte und Fünferjurten als Satelliten) zu einem Dreibein geraten, deren einzelne Standbeine wir gegeneinander versteifen mussten. Die Abspannleinen der 45°-Einfachabspannung der Mitteljurte zum Boden musste dicker im Durchmesser ausfallen und von einer neuen Rolle stammen. Als Heringe waren nur schwere T-Heringe zulässig. Als Dach für die Mitteljurte war keine Konstruktion aus einzelnen Kohtenbahnen zulässig.

Anmerkung zum Bild: Für die kleine Jurtenburg wurde noch keine Rotationsabspannung vorgeschrieben. Sie wäre erst ab einer dreistöckigen Mitteljurte nötig gewesen.
Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, zuletzt von leunam am 17.10.2012 - 13:54.
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Beitrag vom 17.10.2012 - 13:27 |
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Moderator 1538 Beiträge
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Danke Leunam.
Diese Form der Abspannung kenne ich, aber der Begriff "Rotationsabspannung" war mir neu.
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A Scout smiles and whistles under all circumstances. |
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Beitrag vom 17.10.2012 - 13:30 |
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Die Rotationsabspannung verhindert halt, wie der Name schon besagt, eine Rotation der Aufstellstange. Ein Effekt, der sich physikalisch sehr gut abbilden lässt, da die Höhen und Winkel bekannt sind, und man halt anstatt einer Kraft als vektorielle Größe, die auf auf den Angriffspunkt (Öse, D-Ring, Seilschlaufe) wirkt, zwei zu gleichen Teilen wirkende Kraftzüge hat.
Sollte das den Ordnungsbehörden noch nicht reichen, kann man immer noch eine zusätzliche Einfachabspannung anbringen, die gegen Starkwinde und Böen mit einer Sturmabspannung nach der Höhe einer Vierecksplane angebracht wird. Bitte aber dabei nicht der fixen Idee verfallen, dabei den selben Hering wählen zu wollen.
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Beitrag vom 17.10.2012 - 13:43 |
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ich hab mir mal Gedanken über eine Struktur zu einem Leitfaden gemacht. Dieser sollten unterscheiden zwischen normaler Kohte und Jurte sowie größeren Bauten
http://jurtenland.de/wiki/index.php/Leitfaden_Sich...warzzel ten
Ebenfalls meine ich, dass nach wie vor die klassische Bauweise z.B. einer Kohte ohne zusätzliche Abspannung nach wie vor üblich ist und kein größeres Risiko darstellt. Hier wäre mir dann eher wichtig, zu raten, möglichst leichte Stangen zu wählen, wenn ich sehe, mit was für überdimensionierten Prügeln gebaut wird (von denen dann wirklich auch Gefahren ausgehen).
Wer also daran mitschreiben mag meldet sich bitte...
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Beitrag vom 17.10.2012 - 13:57 |
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591 Beiträge
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Zitat Original geschrieben von Hawkeye
Danke Leunam.
Diese Form der Abspannung kenne ich, aber der Begriff "Rotationsabspannung" war mir neu. |
bei Google ist der Begriff auch weitgehend unbekannt und kommt nur in Verbindung mit der Jurtenburg der Wilden Gesellen
fficial&client=firefox-a&channel=rcs" target="_blank">https://www.google.de/search?q=Rotationsabsp annung...hannel=rcs
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Beitrag vom 17.10.2012 - 13:59 |
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Noch etwas zum Thema "Prügel":
Bei der kleinen Jurtenburg mussten wir die Einmaster (mit zugegeben extremen Durchmesser) der Satellitenjurten ein Meter tief im Erdreich verankeren (Erdbohrung und Holzkeile). Dieser Ankerpunkt war dem bereits oben von einem Vorredner angeprochen Sachverhalt des unteren Ausbrechen geschuldet.
Die Seitenstangen hatten an der oberen Stelle einen Durchmesser zwischen minimal 5 und maximal 8 Zentimeter.
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Beitrag vom 17.10.2012 - 14:06 |
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Um der Sache noch eine Krönung aufzusetzen etwas zum Thema "Brandschutz" und "Fluchtwege":
Die überdachte Grundfläche maß bei der kleinen Jurtenburg lediglich 68 Quadratmeter (Normaljurte 28 qm + 2 Fünferjurten à 20 qm), jedoch umfasste sie zwei Schlafstätten, die ihrerseits jeweils mit einem 6kg-ABC-Pulverlöscher ausgestattet sein mussten.
Bei der umlaufenden Zeltabspannung der Jurtenburg mussten die Fluchtwege (der Ein- und Ausgang der Satelittenjurten war die mittlere Hochjurte) im Bereich der gesetzten Heringe mit Flatterband gesichert werden.
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Beitrag vom 17.10.2012 - 14:19 |
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591 Beiträge
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Zitat Original geschrieben von leunam
Um der Sache noch eine Krönung aufzusetzen etwas zum Thema "Brandschutz" und "Fluchtwege":
Die überdachte Grundfläche maß bei der kleinen Jurtenburg lediglich 68 Quadratmeter (Normaljurte 28 qm + 2 Fünferjurten à 20 qm), jedoch umfasste sie zwei Schlafstätten, die ihrerseits jeweils mit einem 6kg-ABC-Pulverlöscher ausgestattet sein mussten.
Bei der umlaufenden Zeltabspannung der Jurtenburg mussten die Fluchtwege (der Ein- und Ausgang der Satelittenjurten war die mittlere Hochjurte) im Bereich der gesetzten Heringe mit Flatterband gesichert werden. |
Das ist halt alles im Ermessen der örtlichen Verantwortlichen und im Grunde ja auch nichts Schlimmes, wenn man sich im Gespräch auf einfache Maßnahmen einigen kann.
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Beitrag vom 17.10.2012 - 16:26 |
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591 Beiträge
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Zitat Original geschrieben von leunam
Als Dach für die Mitteljurte war keine Konstruktion aus einzelnen Kohtenbahnen zulässig.
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Mit welcher Bergündung?
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Beitrag vom 17.10.2012 - 17:20 |
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Zu einem Sicherheitsleitfaden gehört außer den konstruktiven technischen Regeln auch die Auseinandersetzung mit Sicherheitszielen, Bedrohungen und der Auswahl von angemessenen Gegenmaßnahmen.
Sicherheitsziele:
Was soll verhindert werden? Personenschaden (Erkrankung, Verletzung, Tod), Vermögens-/Sachschaden (Schäden am Zeltmaterial, an persönlichem Eigentum von Nutzern und/oder Besuchern), Umweltschäden, ...?
Bedrohungen:
Wodurch können solche Schäden hervorgerufen werden? Naturereignisse (Wind, Regen, Hochwasser, Gewitter), Materialmängel (Zeltbahn-Vorschäden, ungeeignete Seile/Stangen/Häringe), Benutzungsfehler (falsche Befeuerung), ...?
Wodurch können Gefahren verschlimmert werden (Panik, fehlende Fluchtwege, ...)
Gegenmaßnahmen:
Welche Maßnahmen können die Bedrohungen mindern? (Stangenauswahl, Abspannung, Zeltmaterial-Zustand, Notausgänge, Feuerschutz, Besucherzahl-Beschränkung, Reserve-Seile und -Häringe, Notfallplan, ...)
Dazu gehört auch die Untersuchung, welche Sicherheitsziele bei einem geplanten Projekt vorrangig sind, welche Bedrohungen eher oder weniger wahrscheinlich sind. Stolperfallen durch Abspannseile stellen für Besucher eine größere Gefahr dar als für lagererprobte Pfadis; mit Schneelast muss ich bei einem Sommerlager weniger rechnen als mit Wolkenbrüchen.
Und schließlich: Vollständige Sicherheit ("Da passiert garantiert nichts!") gibt es nicht. Nach tagelangem Regen mit durchweichtem Boden und anschließendem Sturm nützen mir die tollen 80 cm-Häringe und die nagelneuen Seile womöglich nichts mehr. Darum gehört zu jedem Sicherheitskonzept auch die Festlegung, welcher Aufwand betrieben werden soll, um das Risiko wie weit zu begrenzen Stichwort: Akzeptiertes Risiko.
In einem Sicherheitsleitfaden sollten solche Dinge dargestellt und im besten Fall Checklisten vorhanden sein, mit deren Hilfe man die Sicherheit erst definieren und dann planen kann.
Gut Pfad, mike
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Beitrag vom 17.10.2012 - 18:28 |
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@Ralph: Wegen der Gefahr von sich bildenden Wassersäcken und unberechenbaren Verhaltens bei Sturmwinden. Die Konstruktion der kleinen Jurte entstand dann aus einem zusammenhängenden Stück Dach, das sich an einer Stelle schlaufen lässt (eine Eigenschaft, die aufgrund des im Fußbereich auf 3 Meter gespreizten Dreibeins von Vorteil war).
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Beitrag vom 17.10.2012 - 18:32 |
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