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Zwischen Lesen und Verehren gibt es große Unterschiede. Man kann Jünger sicher als nicht unbedeutenden Autor des 20. Jahrhunderts bezeichnen. Auch Handtke kann man ja lesen, ohne seine politischen Einstellungen zu teilen.
Aber verehren? Dafür war er mir doch zu deutlich ein bekennender Antidemokrat und Nationalist. So begnadet ist seine Prosa, seine Sprache nicht gerade, dass man ihn nur deswegen verehren könnte. Zu klar hat er stets mit seiner antidemokratischen Haltung in seinen Werken kokettiert....
Dann doch lieber Bukowski "South of no north"
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Beitrag vom 02.09.2010 - 21:17 |
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Administrator 4028 Beiträge
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Das Wort "verehren" halte ich auch für ein viel zu starkes Wort für einen Menschen, selbst für den Lieblingsautor. Den Ausdruck "wertschätzen" oder vielleicht "bewundern" ist besser angebracht. Auch wenn ein Leser durch die Bücher eines Autors an dessen Gedankenwelt teilhaben darf, nimmt er doch immer nur einen kleinen Ausschnitt wahr und wird sich nie anmaßen können, den Menschen im ganzen Tiefgang so zu kennen, dass man ihn verehren könnte. Ich bewundere aber Menschen, die ihren Prinzipien treu bleiben und sich nicht vom Mainstream korrumpieren lassen, auch wenn ich es nicht immer verstehen muss.
Was Ernst Jünger betrifft, er wird wohl sicher nicht mein Lieblingsautor werden, aber sein Lebenswerk ist auf jeden Fall beeindruckend und respekteinflößend.
Charles Bukowski? Meine frühere Stammkneipe in Schwabing war komplett mit Seiten von Büchern von Bukowski tapeziert. Jeder Besuch war ein literarisches Erlebnis. Manches war aber doch ziemlich eklig. Bei einigen Kapiteln beim "Liebesleben der Hyäne" musste ich tagelang pausieren, bis ich mich überwinden konnte wieder weiter zu lesen.
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Beitrag vom 02.09.2010 - 22:41 |
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.Tilia. |
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@ sadarji:
Das bleibt Dir unbelassen, nicht von "verehren" sprechen zu können.
Aber für mich kannst Du nicht sprechen, und Du kannst mir glauben, daß ich das Wort "verehrungswürdig" ganz bewußt gewählt habe, weil ich es eben genau so empfinde.
Jünger hat ein sehr aktives und gefährliches Leben geführt - und wie jeder, der ein aktives Leben führt, auch Irrtümer gelebt. Dieses Leben jedoch mit seinen besonderen Schwierigkeiten und seiner besonderen Tiefe hat auch echte Weisheit hervorgebracht.
Zweifelsohne hat er auch Glück gehabt, überlebt zu haben - andere hatten dieses Glück nicht.
Ich konnte aber selbst in den Stahlgewittern, die immer als kriegsverherrlichend erwähnt werden, keine wirkliche Kriegsverherrlichung herauslesen - eher den Versuch eines damals noch sehr sehr jungen Menschen, erlebte Traumata (verwesende Leichen überall, Menschen, die direkt neben ihm gestorben sind) sinnhaft zu machen.
Und was nützt es schon, sich von der Natur des Menschen ein nur rosarotes Bild zu machen? In Jüngers Buch wird der Mensch beschrieben, wie er eben AUCH sein kann - jenseits der Zivilisation - und man sollte sich durchaus bewußt sein, daß Instinktverhalten, Archaisches in jedem Menschen steckt und in Extremsituationen an die Oberfläche dringen kann - auch in einem selbst.
Und nochmal zu den Stahlgewittern: ich weiß nicht, wie es anderen beim Lesen ging, ich weiß auch nicht, ob der Eindruck irgendwie geschlechtsspezifisch ist: aber zumindest ich habe bei keiner Stelle in diesem Buch den Wunsch gehabt, mich in einer ähnlichen Situation zu befinden wie er oder die Menschen allgemein, die dort vorkommen, sondern nur Dankbarkeit, so etwas eben gerade nicht erleben zu müssen - Krieg kam bei mir diesem Buch zufolge durchaus als Horror schlechthin an, dem menschliches Leben nicht mehr aus eigener Kraft, sondern nur noch mit glücklichem Zufall entkommen kann.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von .Tilia. am 03.09.2010 - 21:46.
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Beitrag vom 03.09.2010 - 21:23 |
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Ernst Jünger sagte einmal, „man könne das Barometer nicht für den Taifun verantwortlich machen ...“, doch leider passierte dies sowohl ihm, als auch jenen, welche sich mit seiner Literatur beschäftigen. Neben Heidegger, Carl Schmitt ist auch Jünger als einer der großen Denker des letzten Jh. zu sehen. Groteskerweise gibt es Menschen, welche nicht nur den „Seher“ E. Jünger versuchen zu diffamieren, sondern auch schon jene, welche über seine Werke schreiben. Hier haben wir es bereits mit einer Potenzierung der Meta-Ebenen zu tun. Schlimmer geht’s nimmer.
Jünger gehört zu den wenigen Literaten, welcher sich mit dem Einfluß der Technik auf eine sich verändernde Gesellschaft auseinandersetzte. In diesem Zusammenhang ist auch sein Werk „In Stahlgewittern“ zu sehen. Da gibt es nichts zu verherrlichen, nur grausamste Realität. Und das ist offenbar bei Tilia auch so rübergekommen. Auch im Waldgang wird der Einfluß der Technik auf die Gesellschaft erörtert. Und der „Waldgang“ als Ausweg im Widerstand gegen eine zunehmend totalitärer werdenden Technikgesellschaft verstanden. Eigentlich ein Lese-Muss für alle bündisch denkenden Menschen ... auch wenn man seine „Welten“ nicht unbedingt teilen will.
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www.alt-rover.de
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Beitrag vom 04.09.2010 - 13:01 |
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RE: Jetzt mal im Ernst... |
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Zitat Original geschrieben von bölkes
... Jünger geht kaum! |
Moin Bölkes,
doch Jünger geht. Sicher nicht ohne ihn kritisch zu hinterfragen.
Ich lese gerade eine Biographie über Ernst Jünger. Nicht nur angeregt durch die Diskussion hier im PT, sondern aus Intereese an der Person von Ernst Jünger selbst. Er ist, glaube ich , eine sehr schillernde Persönlichkeit gewesen. Und mit fortschreitender Lektüre seiner Biographie komme ich zu der Überzeugung, daß Wikepedia zwar einen Einstieg bietet, mehr aber auch nicht. Wenn Du bei Wikipedia stehen bleibst bei Ernst Jünger tust Du ihm sicherlich Unrecht. Er war, glaube ich, ein Mensch, der nie auf einer Modewelle mitgeschwommen ist. Das mach ihn schweirig im Verstehen.
Horridoh
Martin
Nicht nur schwierig zu verstehen, sondern auch andererseits spannend. Man muß es nur wagen sich auf ihn einzulassen. So wie mit allen Menschen, die nicht geraden der geltenden Mode entsprechen.
Martin
EDIT: Zitat repariert. Andir
Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, zuletzt von Andir am 15.09.2010 - 21:19.
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Beitrag vom 15.09.2010 - 21:03 |
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RE: RE: RE: Jetzt mal im Ernst... |
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Zitat Original geschrieben von Ra
Zur Zeit Douglas Adam's Starship Titanic von Terry Jones.
Zitat Original geschrieben von ruski
@upsala:
"ich und die Anderen" gehört definitiv zu meinen Lieblingsbüchern. Auch wenn die Diagnose der dissoziativen Identintität bis heute in Fachkreisen relativ umstritten ist, halte ich Ruffs Buch, sich in Romanform dem Thema zu widmen, für durchaus interssant und vor allem höchst unterhaltsam.
Absolute Leseempfehlung! |
Stimmt, das Buch ist wirklich klasse.
Und wer G.A.S oder Fool on the Hill mal zwischen die Finger bekommt, sollte sie unbedingt lesen. |
Fool on the Hill liegt auch noch bei uns rum, aber das liest mein Freund gerade ;-)
Er findet es allerdings zum Ende hin zu abgedreht. Ich bin gespannt
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"Wenn ich auch nur eine einzige düstere Kindheit erhellen konnte, bin ich zufrieden."
Astrid Lindgren |
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Beitrag vom 16.09.2010 - 07:18 |
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ruski |
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RE: RE: RE: RE: Jetzt mal im Ernst... |
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Zitat Original geschrieben von upsala
Fool on the Hill liegt auch noch bei uns rum, aber das liest mein Freund gerade ;-)
Er findet es allerdings zum Ende hin zu abgedreht. Ich bin gespannt |
Das Buch ist von der ersten Seite an abgedreht - das macht aber den Charme des Buches aus.
Es ist allerdings mit "Ich und die Anderen" nicht unbedingt vergleichbar. Denn dieses hatte ja ein tragisches und recht ernstes Grundthema.
Fool on the Hill ist einfach spassige Unterhaltung. Nicht mehr aber eben auch nicht weniger.
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Beitrag vom 16.09.2010 - 14:14 |
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Mal wieder einen Klassiker:
Von Lessing Emilia Galotti
Des gesellschaftlichen Ernstes beraubt, ist diese Kurzfassung in 5 Teilen doch recht amüsant:
http://www.youtube.com/watch?v=KLyA_XmYdws
(Achtung: politisch nicht ganz korrekt)
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www.alt-rover.de
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Beitrag vom 16.09.2010 - 17:27 |
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RE: RE: RE: RE: RE: Jetzt mal im Ernst... |
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Zitat Original geschrieben von ruski
Zitat Original geschrieben von upsala
Fool on the Hill liegt auch noch bei uns rum, aber das liest mein Freund gerade ;-)
Er findet es allerdings zum Ende hin zu abgedreht. Ich bin gespannt |
Das Buch ist von der ersten Seite an abgedreht - das macht aber den Charme des Buches aus.
Es ist allerdings mit "Ich und die Anderen" nicht unbedingt vergleichbar. Denn dieses hatte ja ein tragisches und recht ernstes Grundthema.
Fool on the Hill ist einfach spassige Unterhaltung. Nicht mehr aber eben auch nicht weniger. |
ich bin gespannt, gerade bin ich noch total von stieg larsson gefesselt
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"Wenn ich auch nur eine einzige düstere Kindheit erhellen konnte, bin ich zufrieden."
Astrid Lindgren |
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Beitrag vom 16.09.2010 - 17:35 |
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Wo wir gerade beim "großen" Ernst und seiner Auseinandersetzung mit dem technischen Zeitalter waren: nachdem ich auf einen Aufsatzes von Stefan Breuer über Friedrich Georg Jünger in "Die Gesellschaft des Verschwindens (1995) gestoßen bin, erinnerte ich mich eines Lesetipps, den ein älterer Jungenschafter mir vor Jahren gab...nun liegt von Friedrich Georg Jünger "Die Perfektion der Technik" auf meinem Tisch und ich bin gespannt: http://www.tagesspiegel.de/kultur/der-tod-kommt-al...52374.h tml
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von rosé am 16.09.2010 - 17:48.
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Beitrag vom 16.09.2010 - 17:48 |
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don't judge a book by it's cover |
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hier mal wunderschön knackig und modern Goethes (oder auch eben nicht Goethes) Faust.
Und da wir ja gerade noch über Jünger sinniert hatten: heute gestern war ihm eine ganze Seite in der Bildzeitung gewidmet!
Mir scheint: nur wer selber liest kann sich selbst eine Meinung BILDen.
edit: time warp
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von Die Tiger am 25.09.2010 - 00:31.
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Beitrag vom 25.09.2010 - 00:29 |
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Um mal auf seichteneren Bücher zu kommen und nicht den Anschein zu erwecken hier von den Mitgliedern des PT wird nur bildende Literatur genossen:
Habe jetzt im Urlaub das Buch "Urlaub mit Papa" von Dora Heldt gelesen, habe mich köstlich amüsiert und nichts dabei gelernt , aber ungemein entspannt und oftmals mich innerlich tot gelacht , sowie mich mit meiner Frau um das Buch gezankt ("jetzt darf ich aber mal lesen..... , nö, das Kapitel lese ich noch fertig " ).
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Mir roichts, dass i woiß, dass i kennt, wenn i wed! |
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von HathiCPD am 25.09.2010 - 07:49.
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Beitrag vom 25.09.2010 - 07:48 |
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Zitat Original geschrieben von HathiCPD
... und nicht den Anschein zu erwecken hier von den Mitgliedern des PT wird nur bildende Literatur genossen: |
Na, der Faust da oben ist wirklich ziemlich lustig und enthält ausser einigen Profilfotos keinerlei Hinweise auf 'bildende' Literatur.
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Beitrag vom 25.09.2010 - 09:17 |
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Zitat Original geschrieben von Die Tiger
Na, der Faust da oben ist wirklich ziemlich lustig und enthält ausser einigen Profilfotos keinerlei Hinweise auf 'bildende' Literatur. |
genial ...! sozusagen auf den Punkt gebracht.
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Beitrag vom 25.09.2010 - 10:38 |
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Coole Geschichte - ich hab' viel dabei gelernt über Facebook.
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www.myspace.com/bruncken
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Beitrag vom 26.09.2010 - 09:40 |
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