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Integration von ausländischen Kindern und Jugendlichen |
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Werte Forumsnutzer,
seit einigen Jahren wird immer wieder die mangelnde Integration von Kindern und Jugendlichen mit sogenanntem Migrationshintergrund als eine mögliche Ursache für die gesellschaftlichen Spannungen genannt.
Eine vielverbreitete Kritik richtet sich an die Familien, denen mangelnde Bereitschaft zur Integration vorgeworfen wird.
Andere Kritiker sehen bei den Trägern der Jugendarbeit eine mangelnde Bereitschaft, sich für ausländische Kinder zu öffnen.
Wie kann eine Öffnung der Pfadfinderei aussehen ?
Welche Probleme gibt es bei den Trägern ?
Was kann der Grund für die zögerliche Annahme von Angeboten sein ?
Ist die Pfadfinderei überhaupt geeignet eine solche Aufgabe "zu stemmen" ?
Besteht die Gefahr des Identitätsverlustes von beispielsweise muslimischen Kindern in einer beispielsweise katholischen Pfadfindergruppe ?
Welche Bedenken gibt es auf Seiten der Pfadfinderbünde, die traditionell eher das unkomplizierte Klientel des Bildungsbürgertums ansprechen ?
Über eine Lösungsorientierte Diskussion würde ich mich freuen !
Teilt doch bitte eure schon vorhandenen Strategien und Erfolge/Mißerfolge hier mit !
Herzlichst Gut Pfad Pitt
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Beitrag vom 24.06.2009 - 18:49 |
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2775 Beiträge
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Ich glaube schon, dass viele muslimische Eltern abgeneigt sind, ihre Kinder in eine chr. Pfadfindergruppe zu stecken.
Ich weiß, dass es eigentlich ein "Markenzeichen" der Pfadfinder ist, dass Menschen gleich ihrer Herkunft zusammen kommen (deswegen auch die Kluft -> verdeckt die soziale Herkunft). Es ist aber nun mal (leider?) ein Faktum (zumindest in meiner Hemnisphäre), dass eigentlich nur Kinder und Jugendliche aus dem Bildungsbürgertum kommen. (Und fast 90 % meiner Mitglieder sind auch Glied unserer Landeskirche).
Für andere wirkt das Angebot vielleicht nich attraktiv genug? Es ist nun auch so, dass häufig Kinder aus anderen sozialen Milieus / mit anderer Herkunft (ich will das in keinster Weise werten - aber so ist das nunmal) vielleicht mal in die Sippenstunde hereinschneien, dann aber wegbleiben. Das liegt vielleicht daran, dass die dort anwesenden anderen Kinder/Jugendliche inkl. Gruppenleiter meistens nicht aus ihrem gewohnten soazilen Umfeld kommen.
edit: rechtschreibfehler.
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Erkenntnis nach einigen Jahren im PT: "Schuld haben grundsätzlich die anderen!" ;-) |
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von moggeCPD am 24.06.2009 - 18:58.
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Beitrag vom 24.06.2009 - 18:57 |
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Moderator 743 Beiträge
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Pfadfinderei kann was verbindendes Sein.
Ich weiß von mehreren Kindern und Jugendlichen in Gruppen unseres Verbandes in Österreich mit ausländischer Staatsangehörigkeit meist aus dem europäischen Ausland, deren Eltern oder Großeltern Pfadfinder/innen waren und deshalb ihre Kinder/Enkel die Pfadfinderei ans Herz legen.
Was bei den Türken eher unwahrscheinlich weil die gesellschaftlichen Gruppen, die in der Türkei in der Pfadfinderbewegung aktiv sind und die Türken die bei uns als Gastarbeiter/Migranten sind überschneiden sich großteils nicht.
Ich hab so den Eindruck Kinder von Zuwanderer und Arbeitsmigranten aus Mittel- und Westeuropa sind durchaus häufig in unseren Gruppen zu finden. Kinder mit moslemischen Glaubensbekenntnis sind selten und dann meist Bosnier, Ägypter... aber fast keine Türken.
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Beitrag vom 24.06.2009 - 19:45 |
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Die Sache mit dem Bildungsbürgertum hat in meinen pfadfinderischen Zusammenhängen einen Haken: Wir haben überrregional sämtliche soziale und Bildungsschichten in unseren Gruppen vertreten. Migrantenkinder sind jedoch trotzdem hochgradig unterrepräsentiert.
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www.pfadfinderstamm-boreas.de |
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Beitrag vom 24.06.2009 - 21:11 |
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795 Beiträge
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In meiner Sippe habe ich einen sehr hohen Anteil russlanddeutscher Jungs. Ich glaube das sind auch "Migranten". Zeitweise hatten wir einen albanischen Jungen aus dem Kosovo dabei - aber der ist mitlerweile wieder zuhaus. Im "Umkreis" der Gruppe (das heißt: Sie gehören eigentlich nicht dazu, aber wenn sie halt vorbeikommen machen sie hin und wieder mit) haben wir einen indischen und einen türkischen Jungen.
Innerhalb Deutschlands bin ich geboren - und einer der Pfadfinder.
Bei der sich formierenden Roverrunde sieht es etwas anders aus, aber bei den Pfadfindern ist das im Moment die Situation.
Die Situation hier ist allerdings auch "speziell" - dadurch das es (außer unter den Russlanddeutschen - aber da ist Integration meist eh nicht das große Problem) kaum größere Gruppen einzelner Volksgruppen gibt, so das Integration zwangsläufig ganz anders stattfindet als in größeren Städten.
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Das Beste am Norden
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Beitrag vom 24.06.2009 - 22:04 |
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Administrator 4028 Beiträge
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Zitat Original geschrieben von Pitt
Welche Bedenken gibt es auf Seiten der Pfadfinderbünde, die traditionell eher das unkomplizierte Klientel des Bildungsbürgertums ansprechen ? |
Nach meinen Erfahrungen ist das Bildungsbürgertum alles andere als unkompliziert.
Gezielte Integrationsarbeit von Migrantenkindern machen eigentlich nur die Stadtpfadfinder mit großem Engagegement. Da ziehe ich wirklich den Hut vor Bruder David. Auf der hier vielgeschmähten Ludwigstein hatte er sein Projekt vorgestellt und hat mehrmals mit seiner Gruppe an Veranstaltungen u.a. Kirschenfest teilgenommen. Wir sind seitdem in Kontakt geblieben.
Ich hatte auch einmal versucht eine Gruppe gezielt mit Migrantenkindern (Aussiedler- und Ausländerkinder) aufzubauen, aber das ist leider vor allem an der Gleichgültigkeit ihrer Eltern gescheitert, die nicht bereit waren ihre Kinder darin zu unterstützen oder sie wegfahren zu lassen. Darin sehe ich eigentlich den Hauptgrund, weshalb relativ wenig Kinder mit Migrationshintergrund bei den Pfadfindern sind, denn es dürfte wohl keine Pfadfinder- oder anders bündische Gruppe geben, die sich explizit gegen die Aufnahme von Migrantenkindern sperren würde. Selbst bei Bünden, denen dies gern unterstellt wird gibt es "Mitglieder mit Migrationshintergrund".
Gelegentlich verirrt sich ja auch eines zu einer Gruppenstunde, wenn es z.B. von einem Mitschüler mitgenommen wird. Wir hatten auch schon Thailänder, Italiener, Kroaten, Rumäniendeutsche u.a.m. in den Gruppen aber nur wenige blieben auch mehrere Jahre dabei.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von sadarji am 24.06.2009 - 22:33.
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Beitrag vom 24.06.2009 - 22:31 |
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514 Beiträge
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Vereinzelte 'Kinder mit Migrationshintergrund', hatten/haben wir auch schon in der Gruppe. Aber die kommen - wie sadarij schon schrieb- meistens mit Freunden oder über die Mund-zu-Mundpropaganda...
Gezielte 'Migrationsarbeit' und das gezielte Keilen von Kindern/Jugendlichen mit Migrationshintergrund können -und wollen wir in unserem kleinen Stamm nicht betreiben.
Wenn in der Hinsicht in einer Gruppe etwas laufen soll, muss sich da schon Jemand mit viel Wille/Liebe und Frustationszähigkeit für engagieren.
Jabonah,
wolf
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Glück ist ein verhexter Ort.
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Beitrag vom 24.06.2009 - 23:27 |
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Ich sehe das ähnlich wie Christian.
Zu meinen eigenen Erfahrungen: Ich habe mal vor knapp zehn Jahren in Berlin-Wedding (alter Arbeiterbezirk mit überdurchschnittlichem Migrantenanteil) eine Horte (8-10 Jahre alt) aufgebaut. Es kam vor, dass einer der Jungs auch mal seinen türkischen Kumpel mitgebracht hat, die waren aber meist nur sehr kurz dabei. Bei einem der regelmäßig kam, habe ich mal versucht, die Eltern aufzusuchen (er wohnte direkt gegenüber vom Heimraum), um mich vorzustellen und damit der Junge auch mal mit auf Fahrt kann. Ich wurde von der Mutter an der Tür abgewiesen - mit der Begründung, der große Bruder des Jungen sei dagegen.
Vielleicht wäre ich anders daran gegangen, wenn ich vorher mehr über den Umgang damit und über die Strukturen in der Familie gewusst hätte und vermutlich würde ich heute auch anders damit umgehen. Damals war ich jedenfalls sehr enttäuscht, dass der Junge nicht mit auf Fahrt durfte, was praktisch heißt, dass er nie "richtig" hätte dabei sein können und habe es überhaupt nicht verstanden. Eine Sozialpädagogin aus dem Nachbarstadtteil sagte mir später bei anderer Gelegenheit, dass man auf Migrantenkinder einfach anders zugehen müsse. Das mag in einer offenen Jugendeinrichtung, in die die Leute zum Billardspielen kommen, aus vielerlei Gründen erstrebenswert sein. Wir als Bund können aber schon aus unserem Selbstverständnis heraus nicht das Gruppenleben für bestimmte Personenkreise völlig umstellen, um "alle" erreichen zu wollen. Auch, wenn ich es damals sehr schade fand, wie es gelaufen ist.
Ich habe nach diesem Erlebnis an Türkische Verbände und die Ausländerbeauftrage des Berliner Senats (heute Migrationsbeauftrager) geschrieben und angefragt, ob es türkische oder andere Bünde aus anderen Ländern in Berlin gibt. Die Antworten waren sehr nett, aber es war nichts dergleichen bekannt. Umso mehr hat mich gefreut, dass hier im PT ein solcher Bund verzeichnet ist.
Als Kind/Jugendlicher mit Migrationshintergrund gilt man im Übrigen per Definition schon dann, wenn ein Elternteil eingewandert ist bzw. (noch) eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit hat, auch wenn das Kind selbst Deutscher ist..
Allzeit bereit,
bert
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Beitrag vom 01.07.2009 - 23:27 |
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Gibst denn da kein"pfadfinder-Werbeblatt" oder so in türkischer Sprache um die Eltern vielleicht besser zu informieren was den Kindern da geboten wird.
Vieviele Leiter mit türkischer Herkunft gibst den eigentlich ?
Wär doch mal interessant zu hören was die so zum Thema sagen könnten.
Kennt keiner einen den er fragen könnte resp der sich persönlich hier äussern möchte ?
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Beitrag vom 05.07.2009 - 12:38 |
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Naja - für "türkische Leiter" braucht es erstmal "türkische Mitglieder" die verbindlich kommen und in diese Rolle hineinwachsen. Ich weiß aber nicht wo das Problem liegen soll - im Grunde läuft Integration super. Ich kann für meine Gruppe wie gesagt belegen das wir einen hohen Anteil von Mitgliedern mit "Migrationshintergrund" haben und immer hatten.
In besonders guter Erinnerung ist mir dabei ein Japaner geblieben der über viele Jahre treu dabei war - oder eben jetzt die Russlanddeutschen von denen sich viele als "Russen" fühlen. Auch für Türken sind wir offen - sie müssen nur kommen.
An den Ohren herschleifen - das kann und will ich sie nicht.
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Das Beste am Norden
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Beitrag vom 05.07.2009 - 12:54 |
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Ralf: Häufig scheitert es doch bei C-Bünden daran, dass es auch ums Christentum geht - einem elfjährigen Türken wäre das villeicht noch egal, der Familie bzw. dem Vater dann wiederum aber nicht so.
Solche Beobachtungen konnte ich jedenfalls machen. (Kann natürlich auch anders sein...)
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Erkenntnis nach einigen Jahren im PT: "Schuld haben grundsätzlich die anderen!" ;-) |
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Beitrag vom 05.07.2009 - 13:43 |
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Zitat Original geschrieben von moggeCPD
Ralf: Häufig scheitert es doch bei C-Bünden daran, dass es auch ums Christentum geht (...) |
Mag ein Grund sein, allerdings nicht der einzige, wie mein Beispiel zeigt - wir sind kein "C-Bund"...
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Beitrag vom 05.07.2009 - 15:50 |
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ich kann natürlich nur für meine Arbeit reden: Und die ist dezidiert christlich....
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Erkenntnis nach einigen Jahren im PT: "Schuld haben grundsätzlich die anderen!" ;-) |
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Beitrag vom 05.07.2009 - 18:38 |
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ich glaube man muss in dieser frage wirklich (es wurde mitunter schon angesprochen) zwischen den einzelnen "migrationshintergründen" unterscheiden. in unsere Gruppen zieht es überdurchschnittlich oft kinder und jugendliche des bildungsbürgertums und der mittelschicht, daneben zwar auch, aber in unterschiedlicher größenordnung und deutlich unterdurchschittlich bildungsfernere schichten. letztere, zu denen wiederum in der regel auch viele der migranten zählen, sind also (zumindest meiner erfahrung nach) ohnehin unterrepräsentiert.
hinzu kommt dann noch die problematik, dass es zwar problemlos gelingt, kinder und jugendliche mit migrationshintergrund anzusprechen, wenn das herkunftsland ihrer elter/großeltern ein westliches land ist, aber selten solche aus islamischen ländern. zumeist sind das auch die kinder und jugendlichen, die ohnehin integrationsdefizite aufweisen.
obwohl wir interkonfessionell arbeiten und der christliche glaube somit eine deutlich geringere rolle spielt, scheint der muslimische glaube bei vielen kindern das entscheidende merkmal, warum sie in unseren gruppen so eklatant unterrepräsentiert sind. allerdings glaube ich nicht, dass das gottgegeben ist, sondern, dass bei den eltern eine unkenntnis darüber herrscht, was wir eigentlich sind und machen. zusätzlich abschrecken mögen auch finanzielle dinge. fahrten/ausrüstung etc. sind teuer und oft ist mir aufgefallen, dass - trotz hilfsangeboten - diejenigen muslimischen kinder die wir hatten, nur zum heimabend gekommen sind. das ist auf dauer natürlich keine gute grundlage für das hineinwachsen iin eine gruppe.
einzige lösung scheint mir zu sein, wenn man wirklich eine deutliche steigerung muslimischer mitgliederanteile erreichen will, vor ort auf die entsprechenden gemeinden zuzugehen und unsere arbeit dort vorzustellen, mit der bitte, werbend zu unterstützen. allerdings habe ich bislang noch keine erfahrungen in diesem bereich gesammelt.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von Storch am 05.07.2009 - 22:42.
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Beitrag vom 05.07.2009 - 20:02 |
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Was nicht zur Tat wird hat keinen Wert.
Ich habe mehrfach versucht mit türkischen Eltern zu reden, in einem Fall auch mit albanisch-muslimischen Eltern. Die Albaner waren so lang nett wie sie dachten mich mit ihrer 17jährigen(!!!) Tochter verkuppeln zu können. Als sich das als Illusion erwies fingen sie an (hinter meinem Rücken) herumzuerzählen das ich ja viele Tabletten nehmen würde (bin Herzkrank) und das niemand wüßte was ich wohl für gefährliche Krankheiten hätte.
In einem Fall hat die Tante der Familie letztlich interveniert indem sie der Familie einredete Deutsche und Nichtmuslime seien generell "böse Menschen".
Dann hatte ich mehrere Fälle in denen die Eltern überhaupt nicht zu sprechen waren bzw. die Kinder nach dem ersten Fragen definitiv nicht durften.
Und einen Fall in dem mir der Vater im letzten Herbst angekündigt hat mal dabei zu sein um sich ein Bild von den Treffen zu machen und dann zu entscheiden - was bis heute nicht passiert ist.
Die zwei Fälle in denen "Türken" mit Einverständnis der Eltern längere Zeit bei uns waren - in diesem Fällen waren es sehr säkulare Türken die mit deutschen Frauen westliche Ehen führten. Gibt es auch - aber da hatten auch die Väter keine Integrationsschwierigkeiten (komischerweise waren es beides Maurer - vielleicht haben sie deshalb ihre Kinder in meine Gruppe gehen lassen, mein Nachname ist unter den Vechtaer Bauarbeitern eigentlich bekannt). Leider waren in beiden Fällen die Jungs auf die Dauer zu "cool" um Pfadfinder zu sein.
Zur Integration gehört immer die Bereitschaft die Hand auch anzunehmen die einem gereicht wird. Mir ist Integration ein sehr wichtiges Anliegen, weil ich weiß das vom Erfolg dieser Integration ein dickes Stück des sozialen Friedens in Deutschland abhängt. Aber es ist nichts was ich "machen kann". Ich kann nur jeden Jungen in den Stamm einladen - egal welchen Pass er oder seine Eltern haben. Kommen müssen sie selbst und freiwillig. Mit Wissen und Willen ihrer Eltern, die eigentlich "Pfadfinder" auch aus ihrer alten Heimat kennen müßten.
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Das Beste am Norden
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Beitrag vom 05.07.2009 - 21:21 |
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