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Kirschenfest auf dem Ludwigstein zum Mittsommer 2009 * das war's ;-) |
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Jüdische Jugendbewegung - Jüdische Lieder
Angekündigt war Daniel Kempin und so konnte ich nicht widerstehen und bin zum Kirschenfest auf der Burg Ludwigstein gefahren, obwohl die Zeit dafür nicht da war.
Nach 21 Jahren wieder dort zu sein, hieß mich zu erinnern, wie wunder_schön die Gegend ist und dass der Ludwigstein gelebt werden kann, nicht nur eine staubige Bibliothek vergangener Gedanken und Heldentaten ist.
Die Orientierung gestaltete sich nach meiner Ankunft etwas konfus, waren doch Innenhof und Säle von beschlipsten Anzugträgern und hochhackigen Damen bevölkert. Eine Studentische Forstverbindung aus Göttingen hatte die Burg belegt, Familientreffen.
Auf dem Absatz umgedreht entdeckte ich einen Tisch mit munter, bunter Schar, eine Gitarre, und tolu kam auf mich zu und fragte, ob ich die Tiger sei, ich werde schon erwartet.
Da alle Jurtendächer schon von den fleissigen aktiven und ex-Zivis der Ludwigstein aufgebaut worden waren konnte der Abend in einem gemütlichen Essen und einem schönen Singekreis am Feuer unter sternenklarem Himmel ausklingen.
Der Samstag war voll gespickt mit verschiedenen Programmpunkten, die im Rahmen des obligatorischen bündischen (drei-)Viertelstündchens pünktlich abliefen:
Führung durch das Archiv der Burg mit Schwerpunkt auf den erhaltenen Schriftstücken jüdischer Verbände aus der Ära der Weimarer Republik.
In diesem Archiv befinden sich bekanntermaßen nicht nur Dokumente zu verschiedenen Jugendbünden, sondern auch das (oder ein?) Originalgemälde von Fidus' namens "Lichtgebet", sowie alle möglichen verschiedenen Halstücher, Abzeichen und Kluft-Teilen. Besonders belächelt wurde der plastomere Charm eines FDJ-Hemdes. Es blieb Zeit, Fragen zur Jüdischen Wandervogelbewegung zu stellen, als auch in den Broschüren zu blättern.
Das Gespräch kam dann aber auch auf die Gegenwart, als es um die auch hier im PfadfinderTreffpunkt eifrig diskutierte Frage nach der Bedeutungs-über-lastigkeit traditioneller Bundesabzeichen ging. Einerseits sind viele Zeichen von Gruppen unerwünschter und nicht tolerierbarer Ideologie adaptiert, andererseits könne man schlecht alle (alten) Traditionen über den Haufen werfen, nur weil NeoNazis sie sich aneigneten. Versucht wurde zu unterscheiden, wo die Sinnüberlagerung des Mißbrauches geschichtlich geprägt so schwerwiegend sei, dass eine Abkehr zwingend nötig scheint oder aber die ursprüngliche Bedeutung (wie beispielsweise bei der Zimmermannshose) nicht überlagert werden konnte.
Ein Singekreis zum Lernen jiddischer Lieder schloß sich an, zu dem tolu ein altes Liederheft des BdP zu eben solchen Liedern beisteuerte. Nein, er gab es preis ;-) Für den Beitrag zum Abendprogramm einigten wir uns aber dann doch, also obwohl wir eine gute Handvoll Lieder lernten, auf das bereits bekannte "Tumbalalaika".
Nach Kaffee und Kuchen warteten wir, insofern wir weder wandern noch Küchendienste tätigen wollten, auf das "szenische Spiel", das von den Ludwigsteinern vorgetragen werden sollte, zum Leben von Karl Laabs, "like a sunshine in the darkness" (Laaps Geschichte als pdf oder auch im Köpfchen von 2001, S. 22 ) , der nach dem Krieg in Israel als Gerechter unter den Völkern geehrt wurde. Das von der Truppe selbst geschriebene Stück war mit einem enormen Spannungsbogen aufgebaut. Es begann mit dem Gerichtsprozess, der Laabs nach Ende des Krieges gemacht wurde, da er während des Dritten Reiches Mitläufer und Nazi-Kollaborateur gewesen sein solle. Durch verschiedene Zeitsprünge und Rückschauen erfuhr man sehr dramatisch, dass nicht immer alles ist, wonach es ausschaut und dass eine gesunde bündische Lebenseinstellung nach eigener Aussage Laabs größter Leitfaden gewesen sei, mehreren Mitbürgern jüdischen Glaubens das Leben zu retten. Aus großer Bescheidenheit heraus hat er allerdings nie darüber gesprochen, so dass seine Kinder erst später von außen aufgeklärt wurden. Vor Gericht wurde er freigesprochen, da ein überlebendes Geschwisterpaar aus Israel für ihn aussagte, später wurde er in Yad Vashem für seine Taten geehrt.
Ein Sohn Karl Laabs war anwesend und hat nach der Vorführung von seinem Vater erzählt. Ebenso wurde über die Aufnahme in die Allee der "Gerechten unter den Völkern" berichtet, dass nur nichtjüdische Menschen dort geehrt werden, die mindestens einem Juden während der Shoa das Leben gerettet haben, ohne dafür Entgelt zu nehmen. Nicht eine Mark durfte den Besitzer gewechselt haben. Erstaunlich, dass unerwähnt blieb, dass ein anderes Kriterium ebenso strenge Gültigkeit hat: der Retter musste bei der Rettung sein eigenes Leben auf's Spiel gesetzt haben.
Zu diesem wirklich ergreifenden Spiel, das pointiert, prägnant und eindeutig war, ohne jedoch in Klischees zu verfallen oder bewusst auf die Tränendrüse drücken zu wollen, gehörte eine musikalische Begleitung, die Zeitsprünge oder Ortswechsel, sowie Spannungselemente verdeutlichte: ein bündisches Klezmer-Trio aus zwei Klarinetten und einem E-Bass leistete beste Unterstützung.
Fleißige Küchenhände bereitet ein köstliches koscher zubereitetes Mahl, um den Kloß im Hals zu vertreiben und Geist und Körper für das Abendkonzert zu stärken.
Daniel Kempin brillierte an der Gitarre und brachte uns ein Lied nach dem anderen bei, die allesamt dem Programm "Benkschaft –Sehnsucht" entnommen waren. Mir persönlich hat allerdings die Übersetzung des griechischen Rembetiko "Stou Thoma" die Socken ausgezogen. Schon an der Gitarre ein ganzes Symphonieorchester nachbildend, hat er an seiner besonderen und wohl einzigartigen Gitarren-Bouzouki eine komplette Kompania gespielt. Wow!
Souverän begleitet wurde er am Kontrabass von Malte, genannt Malte_B.
Die wenigen aber heftigen Regenschauer, die das Wochenende erfrischten, konnten niemanden beeindrucken. Wahrscheinlich waren wir alle bereits auf den Britischen Inseln mal auf Fahrt. Vereint durch das, was Bündische am besten können, singen und diskutieren war es alles in allem ein kulturell hochwertiges Erleben als Zuschauer oder Aktiver.
Ein Schmankerl am Rande zu den pubertierenden Söhnen der Verbindung, die in der Torbogen Kate untergebracht waren: auch in Verbindungen ist das Singen von meistens tradierten Liedern eine gute alte Sitte. Dennoch wurde ich Zeugin einer wohl eher untypischen Szene:
A) "Ey, du hast meine Hose kaputt gemacht!"
B) "Das wollte ich nicht."
A) "Das war mein Gute für morgen!" (Anm.: Smoking!)
Alle 20 Anwesenden im Chor: "Und wie du wieder aussiehst, Löcher in der Hose und immer dieser Lärm!..." (für die Unkundigen: das Lied "Junge" von den Ärzten :-D )
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Beitrag vom 23.06.2009 - 16:13 |
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263 Beiträge
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Tigers Bericht findet Ihr nun zusammen mit einigen Bildern im Burgportal.
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Beitrag vom 08.07.2009 - 19:40 |
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