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Bin mal wieder sehr fassungslos, angesichts der Reaktionen auf die tragischen Ereignisse vor Lampedusa, nicht zuletzt nach der sehr sehenswerten „Hart aber Fair“ Sendung am gestrigen Abend.
Der werte Hr. Köppel hat als „Lösung“ für solche Tragödien parat, dass die Grenzen noch stärker gesichert werden müssen, damit man diesen Flüchtlingen mehr Abschreckung (!) bietet und ihnen keine Anreize mehr schafft, nach Europa zu kommen. So viel Zynismus macht mich immer noch betroffen.
Der werte Herr, der in seinem Leben wohl noch nie auch nur ansatzweise mit irgendeiner Form von nennenswerter Not in Berührung gekommen ist, unterliegt hier der gefährlichen Fehlannahme, diese Menschen hätten eine Wahl, sich für oder gegen solch eine Flucht zu entscheiden. Sie wollen nicht fliehen, Hr. Köppel, sie müssen! Und die Problematik zu lösen, indem man ihnen deutlich macht. Sterben werdet ihr nicht nur im Herkunftsland, sondern auch hier, also bleibt doch gleich zu Hause – Wie Bitte??
Garniert wird dies dann freilich mit einem beliebt populistischen „Wir können ja nicht ganz Afrika bei uns aufnehmen“! Als wenn es darum hier gerade und ganz aktuell ginge! Aber folgen wir ihm weiter, kann man solche Diskussionen auch nicht über „Einzelschicksale“ führen.
Ich weiß nicht, wo dieser Mann lebt, aber ich habe bisher in den aktuellen Diskussionen noch viel zu wenig über die über 300 Einzelschicksale der Flüchtlinge gehört, die da (mal wieder) jämmerlich unmittelbar vor dem europäischen Festland versoffen sind.
Und Politiker, die gerne das große „C“ im Parteinahmen führen, erzählen nun, das sei schließlich Aufgabe der Italiener, wir hätten ja schon viel zu viele und reagiert prompt mit einem Gebot zur Eindämmung der sog. „Armutseinwanderung“. Unser Außenminister stellt sich den Problemen in der Welt, das muss man sagen!
Oftmals sind es aber ja genau diese, die so gerne von „abendländischen Werten“ schwafeln, welche es zu verteidigen gelte. Wie sehen diese abendländischen Werte aus – handelt es sich gar um christliche Werte? Nun bin ich selber weit davon entfernt aktiver Christ oder gar Kirchengänger zu sein, aber selbst meine abendländische Prägung lässt mich erinnern, dass das neue Testament damit beginnt, das Menschen in Not, die Tür vor der Nase zugeschlagen wird mit einem plumpen „Die Herberge (Das Boot) ist voll!“ und sofern mich meine Erinnerung nicht trügt, zieht sich das Gebot der Nächstenliebe und die Prämisse, dass derjenige, dem es vergleichbar gut geht, demjenigen der tatsächlich in Not ist, zu geben habe.
Für den gängigen Unionspolitiker wird wohl eher eine sehr alttestamentarische Auslegung der heiligen Schrift von Bedeutung sein. Und da will ich tatsächlich anerkennen, dass immerhin der aktuell amtierende Pabst recht klare Worte formuliert – nur wird selbst dieser von seinen „Jüngern“ nur dann als moralische Instanz anerkannt, wenn seine Worte in ihrer unmittelbar daraus folgenden Konsequenz nicht allzu unbequem für den Zuhörer werden.
Man kann jetzt wieder lange über die gesamteuropäische Verantwortung, in Verbindung mit unserem eigenen Anteil an dem Schicksal dieser Menschen (Von Agrarsubventionen, über Waffenlieferungen und „Fischereiabkommen“) debattieren, Fakt bleibt doch: So ein „Umgang“ kann von uns nicht akzeptiert werden! Jetzt wird aber erst einmal die Verantwortung innerhalb der EU hin- und hergeschoben (ich bin froh, dass es auch noch etwas mitfühlende Menschen wie Hr. Schulz dort gibt), bis das Thema baldigst wieder in der Versenkung verschwindet. Und das wird schneller gehen, als man glauben möchte. „Wichtigere“ aktuelle Tagesmeldungen, wie etwa die Empörung über einen Veggie-Day werden die Debatten dann wieder bestimmen, wir strecken unsere Glieder in den Sesseln der Festung Europa wieder genüsslich aus und sind froh, in unserem, von ja wirklich wichtigen Sorgen geplagten Alltag, nicht allzu bald wieder mit derlei „Einzelschicksalen“ gestört zu werden.
Sorry, aber musste meiner Betroffenheit gerade einfach mal Luft machen.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von Ruski am 08.10.2013 - 20:07.
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