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Zitat Original geschrieben von rosé
In sich Stimmig ist die Ausladung der Falken vor dem Hintergrund der Ausladung der anderen fünf Bünde vielleicht schon, aber was daß nun noch mit der Tradition des Freideutschen Jugendtages von 1913 zu tun hat erschließt sich mir nicht ganz. Im Gegensatz zu den Pfadfindern trafen dort seinerzeit übrigens Reformschulen, Studentenverbindungen, Wandervögel und Geistes- und Lebensreformer unterschiedlichster Couleur zusammen. Nicht alle von ihnen wären zu späteren Zeiten unbedingt „Schwarzzelter“ geworden…
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hier stimme ich dir voll zu. wenn du unvoreingenommen vom 1913er treffen ausgehst und dich hier fragst, welche gruppierungen die eigentlichen erben dieses treffens sind, müßtest du auf ganz andere gruppen kommen als auf die wahrscheinlichen teilnehmer eines lagers im jahr 2013.
man sollte nicht vergessen, dass schon in der weimarer zeit eine vielzahl von aus dem wandervolgel kommenden formen von ganz unterschiedlichen gruppen übernommen wurden, die genauer betrachtet von ganz woanders herkommen als von dem sagenumwogenen berg im hessischen.
viele gruppierungen, seien es nun jungdeutsche, pfadfinder, polit- oder kirchenjugend, wollten sich bewußt nicht mit der meissnerformel belasten und orientierten sich an anderen zielen, bezeichneten sich aber trotzedem gerne als christliche, katholische, sozialistische, internationale (...) jugendbewegung, wohl weil die bezeichnung jugendbewegung gut ankam und die teilnehmer sich so als ihrer zeit voraus, als vorhut der zukünftigen entwicklung verstehen konnten. und das tat ihnen gut.
nach meinem selbstverständis als jungenschafter habe ich mit den angehörigen oder nachfolgern all dieser angeblichen „jugendbewegungen“ –wenn ich konsequent sein will- nur sehr, sehr wenig gemeinsam.
ich werte es als eine positive entwicklung, dass die meissnerformel (vom nachsatz über den alkohol- und nikotinkonsum einmal abgesehen) heutzutage zum gesellschaftlichen allgemeingut gehören, so dass manche gruppe, die diese formel einst nicht unterschreiben wollte, hiermit heutzutage keine probleme mehr hat. aber ist diese änderung des zeitgeistes allein grund genug, gemeinsam zu feiern? wohl kaum.
das soll nun aber nicht heissen, dass man nicht auf einem gemeinsamen lager zusammenkommen kann. spaß kann man auch haben, wenn man das treffen historisch nicht überfrachtet. man kann etwas zusammen machen und kreativ sein. leider wird man sich wohl auch einige schwülstig-pathetische reden anhören müssen - und wenn schon, die gehen auch schnell vorbei, dafür werden allein schon die pimpfe sorgen, die im ernstfall ihre langeweile deutlich werden lassen.
und ja, es gibt durchaus etwas, was miteinander verbindet, auch mit den falken, den pfadfindern und der kirchenjugend. und das sind gemeinsame formen, die gepflegt werden. das sind die begeisterung, auf fahrt zu gehen, das sind das vorhandensein einer kluft, das sind zumindest ähnliche lieder, die gesungen werden. das sind die banner, die die gruppen repräsentieren und das sind die feuer, die den gruppen eine mitte geben. und das ist eine zeltform, die kothe, die alle gruppen verwenden. all diese äußeren formen sind zwar keine gerade diese gruppen verbindenden werte, aber wen stört das? mich nicht! ich bin gerne bereit mitzufeiern.
ich persönlich empfinde eine diskussion, ob nun falken, freibund oder gildenschaft speziell an einem lager zum meissnerjubiläum teilnehmen sollte für scheinheilig. wenn wir ehrlich sein wollen, müssen wir zugeben, dass es hier doch gar nicht um die frage geht, inwieweit diese gruppen an einem lager teilnehmen sollten, dass an die meissnerfeier 1913 erinnert. die eigentlich im hintergrund stehende frage lautet hingegen: mit wem möchte ich gemeinsam feiern? habe ich z.b. freude daran, neben gruppen meine kothe aufzuschlagen, die als gruppenziel die verbreitung ihrer glaubensüberzeugungen hat oder die immer noch vom bald anbrechenden sozialismus träumt oder von der reinen deutschen volksgemeinschaft schwadroniert?
wenn man sich schon auf die meissnerformel mit ihrem streben nach innerer wahrhaftigkeit bezieht, sollte man dieser inneren wahrhaftigkeit gemäß ehrlich mit sich selbst sein. mag man die falken etwa, so sollen sie teilnehmen. mag man sie nicht, so lasse man es lieber sein.
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