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Ja, der arme Sokrates, seine philosophische Hebammenkunst so platt didaktisch verwurstet, da ist ja fast der Schierlingsbecher noch besser….
Hathi hat es schön zusammengefasst: Puschkin will die Älteren dazu motivieren, Erwachsenenbünde zu gründen – das hat er ja nun wirklich schon oft in Zeitschriftenartikeln propagiert, also nix Neues.
Ich fände es übrigens ganz witzig, wenn alte Scoutisten, Jugendbewegte und Jungenschaftler zusammen durch die Landschaft watscheln würden – besser als vorm Fernseher zu hocken oder inner Eckkneipe zu versumpfen…. Und worüber sie sich heftig streiten würden, sieht man ja in diesem Faden: My idea is the best!
Dabei kann man der (scoutistischen) Pfadfinderbewegung die Hochachtung doch gar nicht verwehren: Bei einer solch erfolgreichen Ausbreitung und Weiterentwicklung sinnvoller Erziehungsideen. Das muss erst mal einer nachmachen…
Genau das will der jugendbewegte Ansatz aber gar nicht, er hat sich immer eher an die kleine Zahl gerichtet und andere Ideen verfolgt. Ein paar Aspekte machen die Unterschiede (der „Reinformen“) von Scoutismus (Sc) und Jugendbewegung (Jb) noch mal deutlich:
Grundcharakter
Sc: Zivilisatorisches Erziehungssystem, leicht übertragbar, auch auf verschiedene Kulturen
Jb: Anarchische, selbst bestimmte Szene mit archaischen Elementen; nicht einfach übertragbar, aber verwandte Bewegungen in anderen Ländern
Vorbilder
Sc: „Good citizen“, König/Präsident, kompetent in allen Lebenslagen, in die Gesellschaft fest integriert
Jb: Scholaren, Abenteurer, Bohemiens, Soldaten, Landstreicher – oft gesellschaftliche Outlaws
Unternehmung
Sc: Organisiertes Groß-Zeltlager, Stil „Westernohe“, Camping-Ausrüstung, Freizeitangebote – ein Konzept, das viele Kinder und Jugendliche anspricht
Jb: Unorganisierte Fahrt in kleiner Gruppe, Stil „Karpaten“, spartanische Ausrüstung, Anstrengung und Entbehrung, Archetyp „Heldenreise“ – ein Angebot, das nur einen kleinen Teil der Jugend interessiert
Lernen
Sc: Organisiertes Lernen auf Zeltlager-AG’s, Kursen und Seminaren; spezielles Ausbildungssystem für Leiter, Programme, didaktische Konzepte – Lernen in didaktisch organisierter Situation
Jb: Unorganisiertes Lernen auf Fahrt, Abgucken von Älteren und Peers und selber Ausprobieren; Lernen, wenn man es braucht, neuer Leiter lernt am Vorbild seines Gruppenführers – Lernen „nebenbei“ in authentischer, herausfordernder Lebenssituation
Musisches
Sc: Singen und Musizieren als Freizeitbeschäftigung, Potpourri an Liedern, Stil: „Old McDonald had a farm, I-A-I-A-O“ und „Wolken spiegeln sich darin. Ich wär gern mitgeflogen.“
Jb: Singen und Musizieren als Seelenausdruck des Fahrtenlebens, eigene Lieder, Unio mystica, Stil: „Drum mach das Leben groß, heijo, die Fahrt geht los!“ und „Durch die tosende Flut, Kampf auf den Meeren liegt in unserem Blut“
Feuer
Sc: Setting schöner Abendrunden, zivilisierte Nutzung als Gaskocher zum einfachen, schnellen und praktischen Zubereiten von Mahlzeiten
Jb: Magisch-mythisches Element, Feuer-Rituale, archaische Nutzung für alle Notwendigkeiten im Fahrtenleben
Die kurze, sicher unvollständige Gegenüberstellung der „Reinformen“ zeigt schon, dass man beide Konzepte nicht wirklich vergleichen kann. Jedes hat seinen Sinn und seine Daseinsberechtigung. Viele Bünde leben Mischformen von beidem – keine Wunder, wenn man an den „Bund der Wandervögel und Pfadfinder in den zwanziger Jahren denkt…
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