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Forenübersicht » Pfadfinder - Forum » Büchervorstellungen und Rezensionen von Pfadiliteratur » gerade in der taz: Christian Niemeyers Studie zur Geschichte der deutschen Jugendbewegung

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25 Beiträge in diesem Thema (offen) Seiten (2): (1) 2 weiter >
Autor
Beitrag
festus ist offline festus  
gerade in der taz: Christian Niemeyers Studie zur Geschichte der deutschen Jugendbewegung
219 Beiträge
http://taz.de/Zur-Geschichte-der-Jugendbewegung/!140461/



"alle Religionen Seindt gleich und guht wan nuhr die leüte so sie profesiren Erliche leüte seindt, und wen Türken und Heiden kähmen und wolten das Land Pöpliren, so wollen wier sie Mosqueen und Kirchen bauen"
Beitrag vom 19.06.2014 - 20:06
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M. Hammer-Kruse ist offline M. Hammer-Kruse  
247 Beiträge
Ich glaube, den Niemeyer will ich nach jenem taz-Artikel gar nicht mehr lesen.

Denn offenbar sieht er da den Balken im eigenen Auge gar nicht, wenn er selektiv den völkischen Teil der Jugendbewegung betrachtet und das auf die gesamte Bewegung verallgemeinert, gleichzeitig aber Werner Klindt der Blindheit auf dem rechten Auge bezichtigt.

Dass die Jugendbewegung stets ein Spiegel ihrer Zeit war, das weiß ich auch, ohne Historiker zu sein. Und dass sich in ihr stets alle weltanschaulichen und politischen Strömungen wiederfanden, das ist auch ohne wissenschaftliche Studien ersichtlich.

Mehr noch: Die dokumentierte Geschichte der Jugendbewegung und ihrer Protagonisten, die der Forschung als Quelle zur Verfügung steht, zeichnet wahrscheinlich obendrein noch ein schiefes Bild. Denn vor etwa 25 Jahren sagte mr Winfried Mogge einmal sinngemäß:
"Die echten Zeitzeugen der ersten Jahrzehnte sterben langsam aus. Dem Ludwigstein-Archiv fließen [damals] reihenweise Nachlässe von Bundischen zu und es hat gar nicht die Mittel, die alle zu sichten und zu bewerten. Und dabei sind das meist Nachlässe, die wenig Bedeutsames beinhalten, aber von ihren ursprunglichen Besitzern für wichtig gehalten wurden und daher dem Archiv vermacht werden. Die wirklich bedeutenden Wandervögel/Jungenschafter/Pfadfinder der ersten Zeit sind häufig zu bescheiden, um sich selbst für wichtig zu nehmen. Und so landet leider manch unwiederbringliches Material nach ihrem Ableben im Container."

Soweit also zur Objektivität der Quellenlage. Und wenn man die dann noch verquer interpretiert, dann kann eigentlich nur ein Zerrbild dabei herauskommen.

Ein bedauerndes Gut Pfad
mike
Beitrag vom 19.06.2014 - 20:40
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jergen ist offline jergen  
1650 Beiträge
Das Buch ist mMn recht interessant, wenn man von dem zornigen Unterton absieht, der vermutlich darauf beruht, dass ein DFG-Antrag Niemeyers zum Thema abgelehnt wurde; wie immer wieder durchschimmert, glaubt Niemeyer wohl, dass die maßgeblichen negativen Gutachten aus dem Umfeld des AdJb kommen,

Natürlich bringt das Buch nicht wirklich Neues: Alle Fakten waren lange auf dem Tisch, aber an unterschiedlichsten Orten in kleinen, harmlosen Häppchen verteilt. Wirklich gut ist das Buch dort, wo sich Niemeyer mit der "Dokumentation der Jugendbewegung" befasst, besser gesagt mit den Auslassungen insbesondere der NS-Verstrickungen dort. In der von ihm nachgewiesenen Dichte können sie kaum Zufall sein.

Wenn man - wie Niemeyer - davon ausgeht, dass bewusst beschönigt wurde und dass insbesondere die Personen betroffen sind, die nach 1945 maßgeblich die Geschichtsschreibung der Jugendbewegung beeinflusst haben, also im Umfeld der Ludwigstein und der dort angesiedelten Einrichtungen tätig waren, könnte man in Versuchung kommen, die Gründe für jüngeren Ereignisse um die "Offene Burg" in den dortigen Akteuren zwischen 1945 und 1980 zu suchen bzw. in der Gestaltung der Burg und ihrer Einrichtungen durch sie.

Beitrag vom 19.06.2014 - 21:25
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frank Diener ist offline frank Diener  
Undurchsichtig
597 Beiträge
frank Diener`s alternatives Ego
Ja es bedarf schon ein gewisses Maß an historischem Wissen - auch die Gesinnung spielt eine wichtige Rolle.Damit meine ich die Protagonisten und alle "Historiker" die versuchen dies zu interpretieren.

Zitat : von Reulecke:;

diese Einzelstudien zu einem Gesamtpanorama zu entfalten, das „der Jugendbewegung“ insgesamt eine wesentliche Mitschuld an den deutschen Menschheitsverbrechen zuschreibt

Zitat Ende

Das empfinde ich als deer Knaller ! Die sogenannte "Jugendbewegung " hat noch während des Krieges der Deutschen Obrigkeit Paroli geboten.
Wer die Meißnerformel durchliest-und sie nicht mit den Augen eines Historikers (und auch Autor...) sieht, wird der Kernsatz auffallen...........

...aus eigener bestimmung...

Es wird wahrscheinlich nie endgültig geklärt werden,wer und warum, in die NSDAP eingetreten ist.
Mein verstorbener Vater (Umba) hat sich sehr um Aufklärung bemüht und umfangreiches Material dazu gesammelt.Leider war es Ihm nicht mehr vergönnt sein geplantes Buch herauszugeben.

Zur Geschichte der Jugendbewegung,Pfadfinderei - und der bündischen Jugend habe ich natürlich eine eigene Meinung.PUNKT.

Es ist schon sehr spät - deshalb Gute Nacht - Holzwurm-Petterweil





Morgen ist Heute schon Gestern

http://www.lilienwald.de/


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von frank Diener am 20.06.2014 - 14:58.
Beitrag vom 20.06.2014 - 03:02
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Gast Fröschel  
off topic
Gast
Nur so am Rande: es heißt "Protagonisten", mit einem "g". Ebenso heißt es "persönlich", ohne das "h". Alles Andere tut weh. Nichts für ungut.
LG: Fröschel



Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von Fröschel am 20.06.2014 - 07:28.
Beitrag vom 20.06.2014 - 07:28
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jergen ist offline jergen  
RE: Undurchsichtig
1650 Beiträge
Zitat
Original geschrieben von frank Diener

Zitat : von Reulecke:;

diese Einzelstudien zu einem Gesamtpanorama zu entfalten, das „der Jugendbewegung“ insgesamt eine wesentliche Mitschuld an den deutschen Menschheitsverbrechen zuschreibt

Zitat Ende



Das hat nicht Reulecke behauptet, sondern Brumlik als Verfasser des Artikels in der taz. Und falsch ist es zudem.

Niemeyer ist sich sehr bewusst, dass die Jugendbewegung auch ihre "hellen Seiten" hatte. Er ist aber gleichzeitig der Meinung, dass in den letzten fünfzig Jahren fast ausschließlich über die "hellen Seiten" geschrieben wurde. Deshalb will er die "dunklen Seiten" darstellen. Sein Hauptthema ist aber die "zweite Schuld" derjenigen, die seiner Meinung nach die "dunklen Seiten" verharmlost oder verschwiegen haben. (paraphrasiert aus dem Epilog, S. 206-208)

Im Vorwort beschreibt Niemeyer seinen Ansatz:

Zitat

Niemeyer, S. 13

[...], dass Kindt "als Teil eines in der Adenauerära wirkmächtigen, erinnerungspolitisch aktiven Kartells zur Reflexionsabwehr" begriffen werden kann. In der Umkehr geredet: Die Hitlerjugend lässt sich sehr wohl in der Linie des vermeintlich harmlosen Steglitzer Wandervogels lesen, und zwar dies fast schon im Nachgang zu Adorno. Denn er hat uns ja, recht verstanden, nicht nur aufgetragen, für Erziehung, sondern auch für Forschung nach Auschwitz Sorge zu tragen. Dass dies [...] mittels einer kritischen Personen- und Dogmengeschichte geschehen soll, [...]


Niemeyers Buch ist schon wegen des Ansatzes natürlich nichts für diejenigen, die in der Geschichte der Jugendbewegung ausschließlich das Wahre, Schöne und Gute sehen wollen. Denjenigen, die sich aber nicht mit aufpolierten Erzählungen über die guten Einflüsse der Jugendbewegung auf die Gesellschaft zufrieden geben wollen, sei das Buch trotz des zornigen Tonfalls nahegelegt - es gibt nämlich in der Dichte nichts anderes zum Thema.

Ich zitiere mal weiter Frank Diener:

Zitat

Original geschrieben von frank Diener

Das empfinde ich als deer Knaller ! Die sogenannte "Jugendbewegung " hat noch während des Krieges der Deutschen Obrigkeit Paroli geboten.


Dieser Satz ist in seiner Pauschalität genauso unsinnig und falsch wie das Zitat aus der taz. Es gibt mW keine einzige wissenschaftlich Untersuchung darüber, ob und in welchem Ausmaß eine jugendbewegte Biographie zu einer NS-kritischen bis widerständigen Einstellung beigetragen hat. Vielmehr gibt es einige wenige leuchtende Persönlichkeiten aus der Jugendbewegung und ihrem Umfeld, die immer dann zur Ehrenrettung der Jugendbewegung herhalten müssen, wenn die NS-Verstrickungen der Jugendbewegung angesprochen werden. Dass diesen wenigen positiven Beispielen zahllose Untätige, Indifferente, NS-Mitläufer, überzeugte Nationalsozialisten und auch Täter gegenüberstehen, wird in der Regel verschwiegen.

Genau da setzt Niemeyer an: Er versucht zu belegen, dass dieses Verschweigen in einem "Standardwerk" zur Geschichte der Jugendbewegung systematisch erfolgt ist.

EDIT: Rechtschreibung


Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zuletzt von jergen am 20.06.2014 - 10:39.
Beitrag vom 20.06.2014 - 10:22
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Ruski ist offline Ruski  
RE: RE:
252 Beiträge
Zitat
Original geschrieben von Ruski

Zitat
Original geschrieben von M. Hammer-Kruse

Soweit also zur Objektivität der Quellenlage. Und wenn man die dann noch verquer interpretiert, dann kann eigentlich nur ein Zerrbild dabei herauskommen.

mike



Mit einem "Zerrbild" haben wir es bei der bisherigen historischen Auseinandersetzung zur Jugendbewegung zu tun. Wenn Niemeyer dieses Bild zu entzerren versucht, indem er sich auf ein bisher geflissentlich übergangenes Feld bezieht, ist seine Darstellung in diesem Punkt einseitig - das ist aber auch genau das erklärte Thema seiner Arbeit.

Wäre die bisherige Darstellung weniger einseitig, hätte es dieser Konzentration auf die völkische Linie nicht bedurft.

Diese Thematik in der historischen Betrachtung so konsequent auszublenden, halte ich auch für unsere jugendbewegte Ausrichtung in der heutiogen Zeit für gefährlich. Insofern denke ich (ohne das Buch gelesen zu haben) zunächst einmal: Ein hilreicher Einwand.





http://www.singadjo.de/
Beitrag vom 23.06.2014 - 12:50
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roterwolf ist offline roterwolf  
700 Beiträge
roterwolf`s alternatives Ego
Klar gab es "völkische" Bünde in der deutschen Jugendbewegung in den Jahren vor 33!
Aber es gab natürlich auch andere Bünde; solche, die gegen Hitler waren, die von der NS-Macht verfolgt wurden; Mitglieder, die dafür in den wie auch immer gearteten "Widerstand" gingen, die ins KZ gesteckt wurden, die dafür ihr Leben verloren!
Wie blöd oder verbohrt muß ein Autor sein, der das nicht berücksichtigt!



bipi und ali lehrten uns:
"Der Pfadfinder ist Bruder aller Pfadfinder
und Freund aller Menschen"
Beitrag vom 24.06.2014 - 18:16
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jergen ist offline jergen  
RE:
1650 Beiträge
Zitat
Original geschrieben von roterwolf

Klar gab es "völkische" Bünde in der deutschen Jugendbewegung in den Jahren vor 33!
Aber es gab natürlich auch andere Bünde; solche, die gegen Hitler waren, die von der NS-Macht verfolgt wurden; Mitglieder, die dafür in den wie auch immer gearteten "Widerstand" gingen, die ins KZ gesteckt wurden, die dafür ihr Leben verloren!
Wie blöd oder verbohrt muß ein Autor sein, der das nicht berücksichtigt!


Offensichtlich wiedermal ein Buch nicht gelesen und trotzdem in der Lage es zu kritisieren? Meiner Meinung nach sollte man dazu ein wenig mehr vom Inhalt wissen, als in dem taz-Artikel steht.

Völkische Vorstellungen gab es in fast allen Bünden vor 1933 - vielleicht mit Ausnahme des weitgehend unbedeutenden Deutschen Republikanischen Pfadfinderbundes und des linken Flügels der Freideutschen.

Werfen wir mal einen Blick auf den Nerother Wandervogel und damit auf einen Bund, der zweifellos im Dritten Reich verfolgt wurde. Untrennbar mit dem NWV verbunden ist die Burg Waldeck, die ein Mahnmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Wandervögel werden sollte. Aber nicht nur das, sie war gleichzeitig ein Siedlungsprojekt, das sich bäuerlich-handwerklich selbst versorgen sollte. Robert Oelbermann beschließt einen der ersten Aufrufe zur Unterstützung mit: "Laßt uns der Jugend eine Heimat bauen unserm Volk zur Kraft, dem Menschen zum Segen!". Schon am Anfang des NWV stehen Soldatentum, der Impuls "zurück zur Scholle" und der Wille, das deutsche Volk zu prägen.
Auch die Deutsche Freischar wird immer wieder genannt, wenn es um "demokratischere" Bünde geht. Und sie war auch tatsächlich politisch offener als die meisten anderen Bünde. Und dennoch - Boberhaus (ein "Grenzvolkshochschulheim") und freiwilliger Landdienst waren grundlegend völkisch ausgerichtet.

Und wenn man genau hinschaut, wird man auch in den 1950er und 1960er Jahren bei einem nicht unwesentlichen Teil der Bünde völkische Vorstellungen finden - wenn auch deutlich schwächer als um 1930. Etwa ein Drittel der Bünde, die das Meißnerlager 1963 organisierten, ist diesem Lager zuzurechnen. Und alle diese Bünde haben sich ind er Meißnererklärung von 1963 zur Demokratie bekannt...


Beitrag vom 24.06.2014 - 20:13
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MartinW. ist offline MartinW.  
RE: RE:
96 Beiträge
Bezüglich des Boberhauses irrst Du Dich. Hier wurde eine Stätte geschaffen, die die Aufgabe hatte geraden zwischen den Kulturen/Völkern zu vermitteln. Auf Grund der Lage und der Situation, geschaffen durch Versailles, richtete sich die Arbeit des Boberhauses hauptsächliche auf Südosteuropa. Hier trafen sich auch Menschen das erstemal, die später mit dem Kreisauer Kreis in Zusammenhang zu nennen sind, z.B. Namen wie Adolf Reichwein und Helmuth James Graf zu Moltke.
Die Arbeitslager der DF vor 33 waren durchaus völkisch geprägt. Soweit sie sich auf die deutschen Siedlungsgebiete in Südosteuropa bezogen. Es gab aber auch ein solchen Austausch mit Frankreich. Völkisch nationalistisch? Oder offen gestaltet um Verständnis für den anderen Volkscharakter zu gewinnen?
Ich habe die Überzeugung, daß die Situation vor 1933 nicht so einfach in schwarz/weiß zu sehen ist. Bünde die, wie die DF und auch der NWV weltoffen waren, wurden im Dritten Reich verfolgt, weil sie weltoffen waren. Beide Bünde waren auch bekennend deutsch.

Zum Gesamtkontext des Buches. Worüber regt sich der Autor eigentlich auf? Die bürgerliche Jugendwegeung war und ist immer ein Spiegel der Gesamtgesellschaft gewesen. Gab es Antisemitusmus in der Jugendbewegung gab es ihn genauso in der Gesellschaft; Ostermarschbewegung in der Jugendbewegung, gab es auch in der Gesellschaft; Mitlläufertum im NS, genauso wie in der gesamtdeutschen Gesellschaft.

Und wenn man sich andere gesellschaftliche Gruppen, die sehr viel mehr gesellschaftliche Relevanz haben und hatten, genau wie die Angehörigen der Jugendbewegung gab es während der NS-Zeit Täter, Opfer, Mitläufer und Gegner. Ich glaube kaum, das die Jugendbewegung da andere Zahlen produziert hat als der Rest der deutschen Gesellschaft. Nein, eine pauschale Freisprechung ist das nicht für die Angehörigen der Jugendbewegung in der NS-Zeit und davor, aber auch keine pauschale Verurteilung. Man muß sich da vor beidem hüten und darf da nur das Einzelschicksal betrachten und beurteilen.

Horridoh

Martin


Zitat
Original geschrieben von jergen

Zitat
Original geschrieben von roterwolf

Klar gab es "völkische" Bünde in der deutschen Jugendbewegung in den Jahren vor 33!
Aber es gab natürlich auch andere Bünde; solche, die gegen Hitler waren, die von der NS-Macht verfolgt wurden; Mitglieder, die dafür in den wie auch immer gearteten "Widerstand" gingen, die ins KZ gesteckt wurden, die dafür ihr Leben verloren!
Wie blöd oder verbohrt muß ein Autor sein, der das nicht berücksichtigt!


Offensichtlich wiedermal ein Buch nicht gelesen und trotzdem in der Lage es zu kritisieren? Meiner Meinung nach sollte man dazu ein wenig mehr vom Inhalt wissen, als in dem taz-Artikel steht.

Völkische Vorstellungen gab es in fast allen Bünden vor 1933 - vielleicht mit Ausnahme des weitgehend unbedeutenden Deutschen Republikanischen Pfadfinderbundes und des linken Flügels der Freideutschen.

Werfen wir mal einen Blick auf den Nerother Wandervogel und damit auf einen Bund, der zweifellos im Dritten Reich verfolgt wurde. Untrennbar mit dem NWV verbunden ist die Burg Waldeck, die ein Mahnmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Wandervögel werden sollte. Aber nicht nur das, sie war gleichzeitig ein Siedlungsprojekt, das sich bäuerlich-handwerklich selbst versorgen sollte. Robert Oelbermann beschließt einen der ersten Aufrufe zur Unterstützung mit: "Laßt uns der Jugend eine Heimat bauen unserm Volk zur Kraft, dem Menschen zum Segen!". Schon am Anfang des NWV stehen Soldatentum, der Impuls "zurück zur Scholle" und der Wille, das deutsche Volk zu prägen.
Auch die Deutsche Freischar wird immer wieder genannt, wenn es um "demokratischere" Bünde geht. Und sie war auch tatsächlich politisch offener als die meisten anderen Bünde. Und dennoch - Boberhaus (ein "Grenzvolkshochschulheim") und freiwilliger Landdienst waren grundlegend völkisch ausgerichtet.

Und wenn man genau hinschaut, wird man auch in den 1950er und 1960er Jahren bei einem nicht unwesentlichen Teil der Bünde völkische Vorstellungen finden - wenn auch deutlich schwächer als um 1930. Etwa ein Drittel der Bünde, die das Meißnerlager 1963 organisierten, ist diesem Lager zuzurechnen. Und alle diese Bünde haben sich ind er Meißnererklärung von 1963 zur Demokratie bekannt...





Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zuletzt von MartinW. am 24.06.2014 - 22:09.
Beitrag vom 24.06.2014 - 22:05
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jergen ist offline jergen  
RE: RE: RE:
1650 Beiträge
Zitat
Original geschrieben von MartinW.

Bezüglich des Boberhauses irrst Du Dich. Hier wurde eine Stätte geschaffen, die die Aufgabe hatte geraden zwischen den Kulturen/Völkern zu vermitteln. Auf Grund der Lage und der Situation, geschaffen durch Versailles, richtete sich die Arbeit des Boberhauses hauptsächliche auf Südosteuropa. Hier trafen sich auch Menschen das erstemal, die später mit dem Kreisauer Kreis in Zusammenhang zu nennen sind, z.B. Namen wie Adolf Reichwein und Helmuth James Graf zu Moltke.
Die Arbeitslager der DF vor 33 waren durchaus völkisch geprägt. Soweit sie sich auf die deutschen Siedlungsgebiete in Südosteuropa bezogen. Es gab aber auch ein solchen Austausch mit Frankreich. Völkisch nationalistisch? Oder offen gestaltet um Verständnis für den anderen Volkscharakter zu gewinnen?

Eigentlich sind die Widersprüche in deinem Beitrag für den Kenner schon evident - aber ich versuche den Aspekt "Boberhaus" etwas klarer zu gestalten.

Der freiwillige Arbeitsdienst (in der DF und anderswo in den Bünden) ist nicht ohne das Boberhaus denkbar. Im Boberhaus wurde 1927 das erste Arbeitslager der DF durchgeführt. Wenig später wurde hier die "Löwenberger Arbeitsgemeinschaft" gegründet, ein Träger von Arbeitslagern in Schlesien. Weitere Lager im Boberhaus folgten. - Es fällt mindestens mir schwer, da eine klare Trennlinie zwischen völkisch motiviertem Arbeitsdienst und einem angeblich nicht völkisch orientierten Boberhaus zu finden.

Aber auch jenseits der Arbeitslager war das Boberhaus in völkische geprägte Strukturen eingebunden. Dazu gehörte die Kooperation mit der "Deutschen Schule für Volksforschung und Erwachsenenbildung" des Hohenrodter Bundes, der sich der Volksbildung verschrieben hatte. Der Hohenrodter Bund hatte sich der "Volksgemeinschaftsideologie" (Handbuch Erwachsenenbildung) verschrieben und sah sich als "Urbild und Modell einer echten Volksgemeinschaft" bzw. "Zelle neuer Volksordnung" (Franz Pöggeler). Pöggeler bewertete schon 1958 die Ziele und Strukturen des Hohenrodter Bundes folgendermaßen: "Würde sich eine Gemeinschaft in der Art und im Anspruch des Hohenrodter Bundes heute bilden, müßten wir das sogar für gefährlich halten."

Sicher hatte das Boberhaus einen weiteren Horizont, als man ihn gemeinhin innerhalb völkisch geprägter Organisationen vermutet. Das heißt aber nicht, dass es eine Insel der Seligen war. Es wurde von den verbreiteten völkischen Vorstellungen genauso geprägt, wie fast jede Einrichtung und Organisation der Bündischen Jugend.

Zitat

Zum Gesamtkontext des Buches. Worüber regt sich der Autor eigentlich auf? Die bürgerliche Jugendwegeung war und ist immer ein Spiegel der Gesamtgesellschaft gewesen. Gab es Antisemitusmus in der Jugendbewegung gab es ihn genauso in der Gesellschaft; Ostermarschbewegung in der Jugendbewegung, gab es auch in der Gesellschaft; Mitlläufertum im NS, genauso wie in der gesamtdeutschen Gesellschaft.


Niemeyer regt sich darüber gar nicht auf; er stellt hier nur dar. Was ihn stört, ist das Verharmlosen, Vertuschen, Weißwaschen durch die Geschichtsschreiber der Jugendbewegung ab 1945, insbesondere in der "Dokumentation der Jugendbewegung". Und er ist da nicht alleine, ich erinnere nur mal um die Auseinandersetzungen um olka, teilweise nachzulesen im eisbrecher-reader.

Da stellt sich dann schon die Frage: Warum ist es vielen so wichtig, der Jugendbewegung eine "weiße Weste" zuzuschreiben?
Und das, wo doch eigentlich jedem klar sein sollte, dass sie "ein Spiegel der Gesamtgesellschaft" war. Ähnliche Beiträge finden sich ja auch hier und ich kenne solche Wortmeldungen auch aus der Geschichte meines Stammes: Aus einer Fahrt "Westfront 1933" zu den Schlachtfeldern und deutschen Friedhöfen des Ersten Weltkriegs wird dann, im Widerspruch zu den Zeitdokumenten, eine unpolitische Veranstaltung zum Totengedenken; als ob eine Späheraufnahme auf dem Friedhof in Langemarck in den Osterferien 1933 unpolitisch gewesen sein könnte.

Beitrag vom 25.06.2014 - 09:15
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Ruski ist offline Ruski  
RE:
252 Beiträge
Zitat
Original geschrieben von roterwolf

Klar gab es "völkische" Bünde in der deutschen Jugendbewegung in den Jahren vor 33!
Aber es gab natürlich auch andere Bünde; solche, die gegen Hitler waren, die von der NS-Macht verfolgt wurden; Mitglieder, die dafür in den wie auch immer gearteten "Widerstand" gingen, die ins KZ gesteckt wurden, die dafür ihr Leben verloren!
Wie blöd oder verbohrt muß ein Autor sein, der das nicht berücksichtigt!



Jemandem, der ein Buch über die (politisch) dunklen Seiten der Jugendbewegung schreibt, weil er kritisiert, dass in der gängigen Geschichtsschreibung einseitig die hellen Seiten hervorgehoben wurden, vorzuwerfen, dass er auf die hellen Seiten nicht genügend eingeht, erscheint mir grotesk.

Wichtig finde ich vor allem, sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen, welche Strukturen und Ideologien aus der frühen Jugendbewegung es denn waren, die dem Nationalsozialismus in die Karten gespielt haben und einige der Organisationsstrukturen mit hervorgebracht haben. Vieles ist heute in den Bünden noch wirksam und es ist wirklich allerhöchste Zeit, sich heute einmal kritisch damit ausdeinanderzusetzen, anstatt die frühe Jugendbewegung zu einer Urzelle des Widerstandes gegen das Ns-Regime zu verklären.
Selbst die Bünde, welche heute in der Kritik stehen, völkisch ausgerichtet zu sein, beziehen sich gerade immer gerne auf die Widerstandsbewegungen (Stichwort Stauffenberg). Leider schließt auch das eine völkische Ausrichtung nicht aus, scheinbar ist man aber über jeden Zweifel erhaben und eine kritische Auseinandersetzung vom Tisch.



http://www.singadjo.de/
Beitrag vom 25.06.2014 - 09:57
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roterwolf ist offline roterwolf  
RE: RE:
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roterwolf`s alternatives Ego
Zitat
Original geschrieben von jergen

Völkische Vorstellungen gab es in fast allen Bünden vor 1933 - vielleicht mit Ausnahme des weitgehend unbedeutenden Deutschen Republikanischen Pfadfinderbundes und des linken Flügels der Freideutschen.




Das ist einfach falsch!
Die Nazis wussten schon, warum sie 1933 nahezu die gesamte "Bündische Jugend" verboten!

Hier geht es doch darum:

Zitat "taz":
"Christian Niemeyer freilich versucht darüber hinaus diese Einzelstudien zu einem Gesamtpanorama zu entfalten, das 'der Jugendbewegung' insgesamt eine wesentliche Mitschuld an den deutschen Menschheitsverbrechen zuschreibt."

Das ist einfach nicht richtig!



bipi und ali lehrten uns:
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und Freund aller Menschen"
Beitrag vom 25.06.2014 - 10:05
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jergen ist offline jergen  
RE: RE: RE:
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Zitat
Original geschrieben von roterwolf

Zitat
Original geschrieben von jergen

Völkische Vorstellungen gab es in fast allen Bünden vor 1933 - vielleicht mit Ausnahme des weitgehend unbedeutenden Deutschen Republikanischen Pfadfinderbundes und des linken Flügels der Freideutschen.




Das ist einfach falsch!
Die Nazis wussten schon, warum sie 1933 nahezu die gesamte "Bündische Jugend" verboten!

Hier geht es doch darum:

Zitat "taz":
"Christian Niemeyer freilich versucht darüber hinaus diese Einzelstudien zu einem Gesamtpanorama zu entfalten, das 'der Jugendbewegung' insgesamt eine wesentliche Mitschuld an den deutschen Menschheitsverbrechen zuschreibt."

Das ist einfach nicht richtig!


Es lohnt sich offensichtlich nicht, gegen verfestigte Ideologien anzuschreiben. Bleib ruhig in deiner rosaroten Welt, in der alle Bündischen Gegner des Nationalsozialismus waren, auch wenn du dann schätzungsweise 90 % der Bünde ausblenden musst.

Aber interessant ist es schon, dass du den "bündischen Vorvätern" eine von der gesellschaftlichen Stimmung unabhängig Meinungsbildung zubilligst und gleichzeitig meinst, dieses Buch ausschließlich anhand eines einzigen kritischen Kommentars beurteilen zu können, also deine Meinung aus zweiter Hand holst. Was hältst du davon, das Buch selber zu lesen und dann eine eigene Meinung zu bilden?

Natürlich gibt es weitere Besprechungen, fast alle positiv zustimmend; auf der Verlagswebsite zum Buch finden sich sechs Rezensionen in Auszügen, vier davon aus der wissenschaftlichen Fachpresse. Manche kann man auch komplett online lesen:
- Historische Bildungsforschung Online (Lukas Möller, Universität Kassel): "die bemerkenswerteste Publikation zur Jugendbewegung des Jubiläumsjahres 2013"
- Arno Klönne, ebenfalls zustimmend, wenn auch mit Verweis auf die angeblich zahlreichen jugendbewegten Widerständler

-
Beitrag vom 25.06.2014 - 10:39
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roterwolf ist offline roterwolf  
700 Beiträge
roterwolf`s alternatives Ego
Lieber Jergen,

es gibt keinen Anlas polemisch und schon gar keinen persönlich zu werden!
Besser ist es auf Argumente einzugehen!

Tatsache ist doch wohl, dass es aus der Jugendbewegung heraus sehr wohl Gegnerschaft zum NS gab, man jedenfalls nicht zu dem von Niemeyer gezogenen Schluß kommen kann!

(Übrigens: Ich habe das Buch sehr aufmerksam gelesen. Es fällt auf, dass es wohl kein Historiker geschrieben hat. Historiker betrachten Quellen kritisch, das tut Niemeyer nicht)




bipi und ali lehrten uns:
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Beitrag vom 25.06.2014 - 11:24
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